13.10.16
Würzburg: Vortragsreihe zu innovativen Perspektiven
für
Landesmuseen
Landesmuseen – Potentiale und Perspektiven
(mmw) Das Mainfränkische Museum befindet sich aktuell im
Umbruch: Das künftige Museum für Franken soll als „Landesmuseum“ in
der Trägerschaft des Freistaates Bayern ganz Franken in seiner
geschichtlichen und kulturellen Vielfalt im Blick haben.
Solche Landesmuseen widmen sich einer Region und verbinden vor
dem Hintergrund der im 19. Jh. aufkommenden Nationalstaaten die „Geschichte ‚vor
Ort‘ mit konkreten Personen, Orten oder Ereignissen“ (Jan
Gerchow). Ihre Sammlungen gehen auf herrschaftliches und/oder bürgerliches
Engagement zurück, durch das Objekte aus persönlicher
Sammelleidenschaft oder als Zeugnisse regionaler Historie zusammengetragen
wurden. Mit authentischen Exponaten sowie vereinfachten historischen
Narrativen stimulieren sie eine „sinnliche Geschichtserkenntnis“ (Hans-Ulrich
Thamer) und wecken Erinnerungen an eine immer ferner werdende Vergangenheit.
Dabei stellen ihre identitätsstiftenden und ‚volksbildnerische‘ Absichten
eine Gegenreaktion auf den rasanten gesellschaftlichen, technischen
und industriellen Wandel dar.
Kulturelle Pluralisierung, Globalisierung und Digitalisierung
veränderten jedoch in den letzten Jahrzehnten das Selbstverständnis
von Museen erneut. Und so haben sich viele der angestammten, kulturgeschichtlich
2 ausgerichteten Landesmuseen in jüngster Zeit erneuert: Sie
haben eigene Wege beschritten, ihre Aufgaben neu und zeitgemäß definiert,
ihre Sammlungen entsprechend präsentiert, so dass die Museumslandschaft
heute Regionalmuseen ganz unterschiedlicher Prägung zeigt,
was deren Besuch immer wieder spannend und anregend macht.
Innovative Perspektiven für Landesmuseen präsentiert
diese Vortragsreihe, um den bürgerschaftlichen und inhaltlichen
Diskurs um das neue Museum für Franken zu befördern.
Denn auch in Würzburg stehen wir in den nächsten Jahren
vor der Aufgabe, das traditionsreiche Mainfränkisches Museum
in ein modernes und zukunftsweisendes Haus zu verwandeln. Diesbezüglich
geben folgende Referenten Einblick in Konzeptionen, Planungen und
(Er-)neuerungsprozesse.
Montag, 24. Oktober 2016, 19.15 Uhr:
Prof. Dr. Helmut Flachenecker (Inhaber des Lehrstuhls für
Fränkische Landesgeschichte der Universität Würzburg
und 1. Vorstand der Freunde mainfränkischer Kunst und Geschichte
e.V.):
Museum für Franken - erste konzeptionelle Überlegungen
aus landeshistorischer Sicht
Die inhaltliche Konzeption des neuen Museums hat sich zum Einen an einem, nicht
nur ausschließlich chronologisch konnotierten Leitfaden zur fränkischen
Geschichte in allen Landesteilen, zum Anderen an den vorhandenen Ausstellungsobjekten
zu orientieren. Zudem muss die Geschichte des Ausstellungsortes stärker
als bisher berücksichtigt werden. Fränkische Regionalgeschichte deckt
einen Zeitraum vom 7. Jahrhundert bis zur Gegenwart ab. Diese kann wegen ihrer
Vielfalt und Kleinräumigkeit nur exemplarisch aufgezeigt werden – und
die Notwendigkeit einer zusammenfassenden Darstellung in Buchform nicht vorab
leisten. U.a. müssen Schwerpunkte auf die Multikulturalität ihrer
Bewohner, auf die unterschiedliche Ausprägung einer lange Zeit königsnahen
Kulturlandschaft, auf die unterschiedlichen geistlichen wie weltlichen Herrschaftsformen,
auf die Kommunikationsfähigkeit des territorial nicht einheitlichen Raumes
zu den Nachbarregionen gesetzt werden. Die frühneuzeitliche Mehrstaatlichkeit
bildet, trotz vielleicht integrierender Klammern (Fränkischer Reichskreis),
konfessionell gespaltene Gesellschaften mit unterschiedlichen Gewohnheiten
heraus. Der Übergang an das Königreich Bayern markiert kein Ende
der fränkischen Geschichte, diese setzt sich vielmehr bis in die Gegenwart
fort. Das derzeitige Gemeinschaftsbewusstsein kennt vielerlei Brechungen und
muss in seinen Wurzeln hinterfragt werden.
Montag, 21. November 2016, 19.15 Uhr:
Dr. Richard Loibl (Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte,
Augsburg):
Das neue Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg
2018 wird zum Jubiläum 100 Jahre Freistaat Bayern in Regensburg
das Museum der Bayerischen Geschichte eröffnen. Verantwortlich
für die Konzeption des Museums ist das Haus der Bayerischen
Geschichte, zugleich Veranstalter der Bayerischen Landesausstellungen.
Das neue Museum in Regensburg wird die Entwicklung Bayerns zum
modernen Staat präsentieren, also zeitlich von etwa 1800 bis
zur Gegenwart reichen.
In diesem Vortrag werden Konzept und Perspektiven des neuen Museums
vorgestellt.
Montag, 5. Dezember 2016, 19.15 Uhr:
Prof. Dr. Cornelia Ewigleben (Direktorin des Landesmuseums Württemberg,
Stuttgart):
Altes Schloss – Neu gedacht. Der Masterplan des Landesmuseums
Württemberg, Stuttgart
1862 als „Königliche Staatssammlung Vaterländischer
Kunst- und Altertumsdenkmale“ gegründet, ist das Landesmuseum
Württemberg in Stuttgart heute das größte kulturhistorische
Museum in Baden4 Württemberg. Sein Hauptgebäude, das
Alte Schloss, war einst die Residenz der württembergischen
Herzöge und ist somit ein geschichtsträchtiger Ort im
Zentrum der Landeshauptstadt. Das 1944 fast vollständig zerstörte
Gebäude wurde nach Kriegsende wiederaufgebaut und als Museum
der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Nachdem in den
Jahren 90iger Jahre bereits wenige Teilbereiche eine Modernisierung
erhielten, erfolgte 2005/2006 die Erarbeitung eines Masterplans
zur Sanierung und Neueinrichtung der Ausstellungsräume.
Es galt, das Gebäude zu einem attraktiven Kulturstandort zu
entwickeln, der den heutigen Anforderungen an ein zeitgemäßes
Museum gerecht wird. Der Vortrag stellt diesen Masterplan, den
Umsetzungsprozess und die Überlegungen zur Profilierung des
Museums vor.
Montag, 16. Januar 2017, 19.15 Uhr:
Dr. Andreas Rudigier (Direktor des vorarlberg museums, Bregenz):
Vorarlberg oder so. Grundsätzliche Gedanken zur Konzeption
eines Landesmuseums am Beispiel des neuen vorarlberg museums
„
Es ist ja ganz anders, als ich dachte!“ Diese Aussage gehört
zu am häufigsten zu hörenden Reaktionen von Menschen,
die das neue vorarlberg museum besucht haben. Museen werden gedacht,
und Landesmuseen wohl erst recht. Der Vortrag wird anhand einiger
einfacher Grundsätze das Konzept des vorarlberg museums erläutern
und auf die Reaktionen des Umfeldes (Fachwelt, Medien vor Ort,
Publikum) eingehen. Im Mittelpunkt stehen dabei Grundhaltungen,
wie die Verbindung von Geschichte und Gegenwart, die Verbindung
von Objekt und Mensch, die Offenheit gegenüber unterschiedlichen
Herangehensweisen und manches mehr.
Montag, 30. Januar 2017, 19.15 Uhr:
Dr. Gottfried Fliedl (Museologe, Graz):
Land - Museum - Identität. Das Steiermärkische
Landesmuseum als Modellfall
Landesmuseen sind als Orte der regionalen Identitätsbildung
entstanden. Diese Aufgabe soll am Beispiel des Steiermärkischen
Landesmuseums untersucht werden, das 1811 als "Joanneum" in
Graz gegründet, seit einigen Jahren als „Universalmuseum
Joanneum" geführt wird. Die über zweihundertjährige
Geschichte dieses Museums erlaubt es, an Hand seiner Organisation,
seiner Sammlungsschwerpunkte, seiner wechselnden inhaltlichen Ausrichtungen,
seines unorganischen Wachstums zum aus vielen Abteilungen und Standorten
gebildeten heutigen „Konzern“, den Wandel der Idee
des Museums und der des Typs Landesmuseum nachzuzeichnen und Fragen
der aktuellen Positionierung generell aufzuwerfen. Politischideologische
Implikationen werden dabei ebenso zur Sprache kommen wie die Öffentlichkeiten,
die ein solches Museum tragen, sich vom Museum selbst aus formieren
bzw. von ihm noch angesprochen werden.
Landesmuseen – Potentiale und Perspektiven
Vortragsreihe im Toskana-Saal der Würzburger Residenz
Veranstaltet vom Mainfränkischen Museum, von den Freunden
Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. sowie
der Professur für Museologie der
Universität Würzburg
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