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21.4.16

Provenienzforschung an der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe

Kunsthalle präsentiert zusammen mit Kunststaatsekretär Jürgen Walter neue Ausstellung und Publikationsreihe

(skh) Mit der Ausstellung Erworben aus „jüdischem Vermögen“. Grafische Blätter der Sammlung Haymann, die vom 16. April bis zum 3. Juli 2016 gezeigt wird, erinnert die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe an den jüdischen Arzt und Kunstsammler Dr. Herrmann Haymann und das Schicksal der Juden in Baden-Württemberg. Die anlässlich eines Rückkaufs von restitutionspflichtigen Kunstwerken realisierte Ausstellung zeigt Grafiken von Künstlern wie Max Beckmann, Otto Dix, Käthe Kollwitz und Lyonel Feininger. Eine begleitende Publikation bildet den Auftakt der Reihe Spurensuche. Provenienzforschung an der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe.

Käthe Kollwitz, Selbstbildnis, 1924. Lithografie © bpk / Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Käthe Kollwitz,
Selbstbildnis, 1924
Lithografie
© bpk / Staatliche Kunsthalle Karlsruhe

„Baden-Württemberg betreibt in allen Bereichen mittlerweile Provenienzforschung: in den Museen, den Archiven und den Bibliotheken. Damit nehmen wir bundesweit eine Vorreiterrolle bei der Provenienzforschung ein“, erklärte Jürgen Walter, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden- Württemberg, am Freitag vergangener Woche anlässlich der Ausstellungsvorstellung.

Die Landesregierung versucht Kulturgüter, die aufgrund von Verfolgung in der NSZeit ihren rechtmäßigen Besitzern entzogen wurden, zurück zu geben oder das Eigentum durch entsprechende Ausgleichszahlungen zu erwerben. Letzteres konnte nun in der Kunsthalle Karlsruhe erreicht werden. „Ich freue mich, dass dies bei den Grafiken der Sammlung Haymann durch Mittel des Zentralfonds gelingen konnte,“ so Staatssekretär Walter.

Acht vergessene Grafikmappen und ein Kunstbuch gefunden
Die Kunsthalle hat im Jahr 1943 ein großes Konvolut an Büchern und Grafikmappen vom Finanzamt Müllheim erworben. Die Grafiken der Moderne waren dem jüdische Arzt und Kunstsammler Dr. Hermann Haymann aus Badenweiler 1938 zwangsweise entzogen worden, um mit dem Erlös die sogenannte „Judenvermögensabgabe“ und die bei seiner Ausreise aus Deutschland in die USA zu leistende „Reichsfluchtsteuer“ zu begleichen. Nach dem Krieg wurde diese Erwerbung von 2/2 der Kunsthalle bei der US-amerikanischen Militärregierung als Ankauf aus „jüdischem Vermögen“ gemeldet und die Kunstwerke 1951 an Hermann Haymann restituiert. 2015 wurden im Rahmen der Provenienzforschung acht Mappenwerke mit 75 expressionistischen Druckgrafiken und ein Kunstbuch gefunden, die seinerzeit nicht rückerstattet wurden.

Der Provenienzforscherin Dr. Tessa Rosebrock ist es gelungen, die rechtmäßige Erbin nach Herrmann Haymann zu ermitteln. Frau Rina Lior Alexander ist 97 Jahre alt und lebt in Israel. Sie hat auf die Rücknahme der Kunstwerke verzichtet und damit der Kunsthalle den Ankauf aus Mitteln des Zentralfonds des Landes Baden-Württemberg ermöglicht. „Es ist das Anliegen der Kunsthalle“, so Prof. Pia Müller-Tamm, Direktorin der Kunsthalle, „mit dieser Ausstellung und der sie begleitenden Publikation die Geschichte von Herrmann Haymann und seiner Sammlung im Gedächtnis der Öffentlichkeit dauerhaft zu verankern.“ Provenienzforschung in Baden-Württemberg Baden-Württemberg bekennt sich zu den „Washington Principles“ und der 1999 daraufhin getroffenen Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz. Als eines der ersten Bundesländer hat Baden-Württemberg die Erklärung vollständig umgesetzt, indem sowohl in Museen, Archiven und Bibliotheken die relevanten Bestände erforscht werden.

An den staatlichen Museen des Landes, der Staatsgalerie Stuttgart, dem Württembergischen Landesmuseum in Stuttgart, der Kunsthalle Karlsruhe und dem Badischen Landesmuseum in Karlsruhe arbeiten insgesamt drei Provenienzforscherinnen.

Die Mittel für die Stellen hat Baden-Württemberg bereits 2013 zu 100% allein getragen. Im Jahr 2015 wurden diese verstetigt, womit Baden-Württemberg eine Vorreiterrolle in der Provienzforschung einnimmt.

Titelcover der PublikationZur Ausstellung erscheint eine Publikation: Spurensuche. Provenienzforschung an der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, hrsg. v. Pia Müller-Tamm und Tessa Friederike Rosebrock, mit Aufsätzen von Tessa Rosebrock, Dorit Schäfer und einem Gespräch mit Rina Lior Alexander; 80 Seiten, 15 Euro, erhältlich an der Museumskasse.

 

Max Pechstein, Der Kritiker/Dr. Paul Fechter, 1921 Kaltnadelradierung. © bpk / Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Max Pechstein
Der Kritiker/Dr. Paul Fechter, 1921
Kaltnadelradierung
© bpk / Staatliche Kunsthalle Karlsruhe

 
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