24.11.16
‚Hochrhein ist Nadelöhr für biologische
Vielfalt
Minister Hauk informiert sich über binationales Projekt zur
Wiedervernetzung von Lebensräumen
(nps) Der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz
Peter Hauk MdL besuchte am Montag, 21. November 2016, Bad Säckingen,
um sich vom Aussichtspavillon Totenbühl aus die Situation
des Biotopverbunds zwischen Deutschland und der Schweiz anzusehen.
Anschließend stellten der Naturpark Südschwarzwald und
die Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg
das vom Bundesamt für Naturschutz finanzierte Projekt vor.
Rund 80 Gäste informierten sich umfassend zum Thema.
Tier- und Pflanzenarten benötigen nicht nur intakte Lebensräume,
sondern auch eine Verbindung zwischen diesen. Die intensive kulturlandschaftliche
Nutzung und die dadurch bedingte Zerschneidung und Isolation wichtiger
Lebensräume durch uns Menschen ist eine der Hauptursachen
für den Verlust der biologischen Vielfalt. Eine ganz besondere
Engstelle ist das Nadelöhr zwischen Rheinfelden und Laufenburg.
Der hohe Flächenbedarf für aktuelle und zukünftige
Nutzungen dort ist mit zunehmender Zerschneidung bestehender Lebensräume
verbunden. Wanderbewegungen und genetischer Austausch zwischen
Teilpopulationen sind vielerorts kaum mehr möglich. Hier besteht
dringender Handlungsbedarf, denn die Region trägt besondere
Verantwortung in der internationalen Biotopvernetzung. So ist „der
Erhalt der biologischen Vielfalt eine der großen Aufgaben
unserer Zeit, die wir gemeinsam lösen werden. Der Verbund
von Lebensräumen wird dabei eine entscheidende Rolle spielen,
und die dicht besiedelte und ökologisch hochwertige Region
Hochrhein nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein. Wir wollen
zeigen, wie Biotopverbund grenzüberschreitend und gemeinsam
mit den Landnutzern funktioniert“, sagte der Minister für
Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk MdL, bei
der Veranstaltung am 21. November in Bad Säckingen.
Exkursion zum Aussichtspunkt „Totenbühl“: (v.
l. n. r.) Bürgermeister Alexander Guhl, Bad
Säckingen, Prof. Konstantin von Teuffel, Direktor Forstliche
Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg, Erster
Landesbeamter Jörg Gantzer, Landkreis Waldshut, Landrätin
Marion Dammann, Vorsitzende Naturpark Südschwarzwald, Minister
Peter Hauk MdL, Dr. Norbert Kräuchi, Abteilungsleiter Landschaft
und Vernetzung Dep. Bau, Verkehr und Umwelt, Kanton Aargau (Vertretung
für Herrn Regierungsrat Attiger), Marita Böttcher (Bundesamt
für Naturschutz). Foto © C. Mozer/Naturpark Südschwarzwald
Bad Säckingen ist sowohl westlich wie auch östlich des
Stadtgebietes von international bedeutenden Wildtierkorridoren
umgeben. Diese sind im so genannten Generalwildwegeplan seit dem
Jahr 2010 verankert. Über den Rhein hinweg sind diese Korridore
in der Schweiz bereits in einem Richtplan (gleich dem Regionalplan)
verbindlich festgestellt, sodass ein Verbund jenseits des Rheines über
die Bundesgrenze hinaus gegeben wäre.
Ziel der nun anlaufenden zweijährigen Vorstudie ist die Konzepterstellung
zur Vernetzung von diesen Lebensräumen und die damit einhergehende
Zusammenarbeit mit den Schweizer Nachbarn. Wie schon auf der schweizerischen
Seite geplant und umgesetzt, sollen auf der deutschen Seite Maßnahmen
zum Lebensraumverbund entwickelt und umgesetzt werden. Denn das
Land Baden-Württemberg ist durch seine zentrale Lage in Europa
in einer besonderen Verantwortung auf nationaler und europäischer
Ebene. Dafür gilt es, die landschaftsökologische Anbindung
des Schwarzwaldes an den Hochrhein sowie zum Schweizer Jura und
dem Alpenraum für Wildtiere wieder nutzbar zu machen und langfristig
zu sichern. Die Überwindung des Rheins selbst wird im Rahmen
des Projekts intensiv untersucht. Denn „eine gesunde und
artenreiche Tier- und Pflanzenwelt ist auf einen Austausch der
Genreserven angewiesen. Vielfach steht dem die Zersiedelung der
Landschaft entgegen. Oftmals sind Straßen oder Eisenbahnlinien
vor allem für kleinere und weniger mobile Arten unüberwindbare
Hindernisse. Ökologische Trittsteine und Wildtierkorridore
schaffen Abhilfe“, erklärte der Minister.
Damit dies auch in der Praxis gelingen kann, müssen neben
den Belangen des Naturschutzes auch die der Siedlungsentwicklung,
Forst- und Landwirtschaft und der Infrastrukturplanung berücksichtigt
werden. Dies gelingt nur im offenen Dialog mit den verschiedenen
Verwaltungen, Interessensgruppen und Menschen vor Ort.
Um den Verbund von Lebensräumen wieder zu gewährleisten,
zu fördern und langfristig zu sichern, werden europaweit Konzepte
ausgearbeitet. Das vorliegende Projekt wird vom Bundesamt für
Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesumweltministeriums (BMUB)
gefördert.
Am 21. November hatten der Naturpark Südschwarzwald und sein
Kooperationspartner, die Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt
Baden-Württemberg, nach Bad Säckingen eingeladen. Bei
einer Exkursion zum Aussichtspunkt „Totenbühl“ konnten
sich die Teilnehmer um Minister Peter Hauk MdL zunächst einen
Eindruck von der Situation des Biotopverbunds zwischen Deutschland
und der Schweiz verschaffen. Im Anschluss trafen sich rund 80 Akteure
aus Naturschutz, Landwirtschaft, Forst und Regionalplanung im „Trompeterschloss“ der
Stadt, um sich eingehend über das Projekt zu informieren.
Marita Böttcher vom Bundesamt für Naturschutz stellte
die Rahmenbedingungen des BfN-Projekts vor, Prof. Konstantin von
Teuffel von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg
lieferte die fachliche und wissenschaftliche Einführung und
Dr. Norbert Kräuchi vom Departement Bau, Verkehr und Umwelt
des Kantons Aargau vermittelte Einblicke in den Schweizer Biotopverbund
und die laufende Forschung. Im Anschluss wurden in einer Talkrunde
um Minister Peter Hauk MdL die Herausforderungen auf lokaler Ebene
diskutiert.
Der Generalwildwegeplan (GWP) ist eine ökologische Fachplanung
des Landes und eine gesetzliche Grundlage des landesweiten Biotopverbunds,
welcher im Landesnaturschutzgesetz und auch im Jagd- und Wildtiermanagementgesetz
verankert ist. Er ist Bestandteil eines nationalen und internationalen
Netzwerks von feuchten, trockenen und waldbetonten Lebensraumkorridoren.
Der Generalwildwegeplan zeigt die teilweise letzten verbliebenen
Möglichkeiten eines großräumigen ökologischen
Verbundes in der bereits weiträumig zerschnittenen Kulturlandschaft
Baden-Württembergs auf. Dadurch gibt der GWP „uns die
grobe Marschrichtung vor. Unser Projekt füllte den politischen
Raum mit Leben“, sagte der Minister auf der Veranstaltung.
Deutschlandweit und auf Ebene der Europäischen Union bilden
das Bundesprogramm Wiedervernetzung und Programme wie „green
infrastructure“ und „no-net-loss Strategie“ ein überregionales
und internationales Konzept zum Erhalt von Verbundsituationen
und somit der biologischen Vielfalt in Europa.
Alle Informationen zum Projekt finden Sie unter www.hochrhein-verbindet.de.
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