8.4.16
Zwei Legenden im April 1945: Marlene Dietrich und Schloss
Heidelberg (ssg) Irgendwann Anfang April entstand das historische Bild: Marlene
Dietrich, weltberühmter Filmstar und 1930 in die USA emigriert,
steht auf dem Altan von Schloss Heidelberg. Den Moment hält
ein historisches Foto aus dem Frühling 1945 fest – zwei
Legenden in einem einzigartigen Schnappschuss.
Marlene Dietrich mit der US-Army in Europa
„
Sie war häufiger an der Front als General Eisenhower.“ – Dieser
Satz, ironisch und respektvoll zugleich, stammt vom berühmten
Regisseur Billy Wilder. „Die Dietrich“ war in den Vierzigerjahren
längst ein Weltstar von eigenem Rang. Marlene Dietrich, 1901
in Berlin geboren, emigrierte 1930 in die USA und nahm 1939 die
amerikanische Staatsbürgerschaft an. Im Jahr 1943 meldete
sie sich für die Truppenbetreuung der US-Army und begleitete
während der letzten Jahre des Krieges die amerikanischen Truppen
durch das gesamte Einsatzgebiet von Afrika bis nach Europa. Während
der Ardennenoffensive im Winter 1944/45 entkam sie nur knapp einer
Gefangennahme. Die US-Army rückte von Belgien nach Deutschland
vor – und Marlene Dietrich mit ihr. Und als die US-Army am
30. März 1945 in das weitgehend bewahrte und unzerstörte
Heidelberg einrückte, war auch die große Diva mit dabei.
Damals entstand das einzigartige historische Foto.
Marlene Dietrich auf der Terrasse des Heidelberger Schlosses. Foto
© Deutsche Kinemathek/ ssg
Der Weltstar auf dem Heidelberger Schloss
Dass das Bild auf dem Schloss im April 1945 entstehen konnte, hat
seinen Grund in der Legende Heidelberg: Die Studentenstadt und
vor allem die berühmte Schlossruine standen damals schon
in den USA als Inbegriff der deutschen Kultur und der positiv
wahrgenommenen deutschen Tradition von Bildung und Kunst – und
nicht zuletzt für die Romantik des alten Europas. Heidelberg
und sein Schloss blieben daher weitgehend von Kriegszerstörungen
verschont. Marlene Dietrichs Aufgabe als Truppenbetreuerin war
es, die Moral der Soldaten hochzuhalten und für Unterhaltung
im Kriegsgeschäft zu sorgen. Wenige Tage zuvor hatten die
amerikanischen Truppen Heidelberg ohne nennenswerten Widerstand
eingenommen. Ganz klar, dass eine der Unternehmungen die Gruppe
um Marlene Dietrich auch auf das Heidelberger Schloss führte.
Von dort aus überblickte eine lächelnde Diva an der
Seite des Generals McAuliffe das Neckartal.
Die Legende lebt: Schloss Heidelberg wirkt bis
heute
Bis heute ist Schloss Heidelberg Sehnsuchtsort und Legende – weltweit. „Wir
erleben das immer wieder bei Tourismus-Messen in allen Kontinenten
der Welt“, erklärt Michael Hörrmann, der Geschäftsführer
der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg,
die heute die Schlossruine betreuen. „Schloss Heidelberg
ist der Inbegriff für die romantische Schönheit Deutschlands.“ Inzwischen
sei diese Wahrnehmung sogar gewachsen: Zunehmend rückt Schloss
Heidelberg ins Bewusstsein in Asien, vor allem der chinesischen
Touristen. „Da ist Schloss Heidelberg geradezu der Türöffner
bei Gesprächen mit Reiseveranstaltern“, erklärt
Michael Hörrmann.
Alterslose Diva mit politischer Botschaft
Marlene Dietrich hieß eigentlich Marie Magdalene Dietrich.
Den Künstlernamen Marlene gab sie sich selbst. Ihre ersten
Schritte in der Welt des Films machte sie im Berlin der 20er-Jahre.
Dort lernte sie den Aufnahmeleiter Rudolf Sieber kennen, den sie
1923 heiratete. Trotz der Trennung zehn Jahre später blieben
die beiden zeitlebens verheiratet. Bereits 1930 verließ Marlene
Dietrich Deutschland, wo das freie künstlerische Leben und
Arbeiten zunehmend unmöglich wurde. Die nationalsozialistische
Propaganda hätte die Diva gerne für ihre Zwecke eingespannt
- ja, Hitler selbst versuchte, die Schauspielerin anzuwerben. Stattdessen
engagierte sich Marlene Dietrich als Fluchthelferin, zog sich eine
Art von GI-Uniform an und begleitete die amerikanische Armee. Für
ihren Einsatz bekam sie zahlreiche Auszeichnungen. Unter anderem
die „Medal of freedom“, den höchsten Orden des
amerikanischen Kriegsministeriums für Zivilisten. Die deutsche Öffentlichkeit
hingegen hatte nach dem Ende des Krieges ihre Schwierigkeiten,
zu dem Weltstar mit der klaren politischen Haltung ein positives
Verhältnis zu entwickeln. |