11.11.16
Bald in neuem Glanz: Die Galakutsche des Kurfürsten
Karl Theodor
Restaurierungsarbeiten im Marstallmuseum München
(bsv) Bis Mitte November bietet die Bayerische Schlösserverwaltung
den Besuchern des Marstallmuseums in Schloss Nymphenburg eine besondere
Attraktion: Noch bis in die zweite Novemberhälfte lassen sich Restauratorinnen
bei der Arbeit über die Schultern schauen. Sie restaurieren
vor Ort die Gemälde an der rund 1,5 Tonnen schweren sogenannten
Gala-Berline. Das elegante Gefährt im späten Rokokostil
gelangte über Kurfürst Karl Theodor von Pfalz-Bayern
(1724–1799) von Paris nach München.
Zuvor haben Sattler bereits die brüchigen ledernen Traggurte,
die den Kutschenkasten halten, mit nicht sichtbaren Hilfsgurten
gesichert. Darüber hinaus wurden die großen ledernen
Kotflügel restauriert, die vergoldeten Bronzebeschläge
gereinigt sowie großflächige Übermalungen an den
Lackflächen wie den Rädern freigelegt. Als Abschluss
der Arbeiten werden jetzt die hochwertigen Gemälde restauriert.
Die Expertinnen konservieren derzeit die wertvolle Fassung und
ergänzen bzw. retuschieren Fehlstellen. Dasselbe gilt für
Metallteile und die vergoldeten Bronzen. Schnitzer ergänzten
fehlende Holzornamente, die nun neu gefasst werden. Insgesamt kommen
rund 700 Arbeitsstunden von Metallrestauratoren, Sattlern und Gemälderestauratoren
zusammen.
Teile der Gemälde waren bei einer älteren Restaurierung
großflächig übermalt worden, um Schäden zu
kaschieren. Nach Abnahme dieser alten Retuschen werden diese nun
vorsichtig und möglichst kleinflächig retuschiert, so
dass der optische Eindruck der Malereien wieder viel näher
am Originalzustand sein wird. Die Kosten dafür belaufen sich
zusammen mit der Sicherung und Konservierung der Textilien auf
knapp 50.000 Euro. Einen großzügigen Anteil hat die
LfA Förderbank Bayern bezahlt.
Die Gala-Berline – ein glänzender Wagen für Hochzeiten
und Prozessionen
Die typische Gala-Kutsche ist ein handwerklich äußerst
hochwertiges Gefährt mit vergoldeten Schnitzereien, einer
Innenausstattung aus Seidensamt, einer goldbestickten Bockdecke, Ölgemälden
auf den Außenpaneelen, vergoldeten Metallbeschlägen
sowie einer hochwertigen Lackierung. Sie wurde ausschließlich
zu offiziellen oder zeremoniellen Anlässen verwendet wie Prozessionen,
Hochzeiten oder Gesandtenbesuche. Vier bis acht Pferde waren mit
speziell zur Kutsche angefertigten Geschirren vorgespannt und ein
Trio aus Kutscher, Vorreiter und Beiläufer in Gala-Livree
begleitete diese sogenannte „Equipage“.
Technisch zeichnet sich dieser Kutschentyp einer frühen Berline
dadurch aus, dass der Wagenkasten auf zwei Lederriemen liegt, die
hinten mittels Winden nachgestellt wurden. Diese neue Art der Federung
ermöglichte den Passagieren einen höheren Fahrkomfort.
Zudem ist die Gala-Berline mit einer Spezial-Lackierung ausgerüstet,
die sie wetterfest macht. Ihre Oberfläche ist in drei Schichten
aufgebaut: Über dem Goldgrund wurde eine feine Malerei aufgebracht.
Diese beiden Schichten sind mit einem wasserfesten Firnis überzogen.
Die Kutsche ist jedoch zu kostbar, um sie heute noch im Freien
zu fahren.
Nach der Restaurierung des Kleinen Galawagens Ludwigs II. (2015),
des Neuen Galawagens (2014/2015), des Zweiten Nymphenschlittens
(2013) und des Galaschlittens mit Putten (2011) ist die Gala-Berline
das fünfte Fahrzeug, das bald in neuem Glanz erstrahlt.
Fotos: Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten
und Seen
Das Marstallmuseum Die weltweit einzigartige Sammlung von Kutschen König Ludwigs
II. sowie der gesamte Bestand von Staats- und Galawagen der Wittelsbacher – insgesamt über
40 Fahrzeuge aus über 300 Jahren – war bis zum Zweiten
Weltkrieg im alten Marstall am Marstallplatz nahe der Münchner
Residenz untergebracht. 1952 wurde das Marstallmuseum in den ehemaligen
Stallungen des Nymphenburger Schlosses eingerichtet. Das Marstallmuseum
zählt zu den bedeutendsten seiner Art weltweit.
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