29.10.14
Von Dendroavifaunistik und Höhlenbäumen:
Lebensraum für Schwarzspecht & Co.
(lkw) „Es
ist zu kurz gegriffen, Wälder nur mit der wettbewerbsrechtlichen
Brille zu betrachten. Wälder sind schön, wir erfreuen
uns an den Wäldern und wir brauchen ihren Schutz", formulierte
der Landrat des Landkreises Waldhut, Dr. Martin Kistler,
aus aktuellem Anlass der Kartellamtsdiskussion im Wald.
Der Landkreis Waldshut steht für einen hohen ökologischen
Mehrwert des Waldes, der immerhin die Hälfte der Landkreisfläche
bedeckt. Die naturnah bewirtschafteten Wälder sind ein wesentliches
Standbein für den Tourismus. Auch Luchse fühlen sich
in den Waldgebieten des Südschwarzwalds wohl und der Kreis ist
Wolferwartungsland. Es sind aber nicht nur die großen
Strukturen und Beutegreifer, die die Aufmerksamkeit verdienen.
Es sind
auch die wenig sichtbaren,
kleinen und verborgenen Lebensräume und Lebensgemeinschaften,
die wesentlich zur naturschutzfachlichen Bedeutung des Waldes
beitragen.
Alte Bäume bieten Lebensraum für zahlreiche Tier- und
Pflanzenarten. Besonders dann, wenn diese Bäume in ihre Zerfallsphase
kommen, steigt die Dichte von seltenen, besonders geschützten
Tieren und Pflanzen, die in oder von diesen Bäumen leben.
Im Totholz blüht dann neues Leben. Für das Kreisforstamt
ist dies ein wichtiger Grund, solche Bäume zu erhalten. Darüber
hinaus werden auch ganz gezielt Bäume dauerhaft aus der Nutzung
entnommen. Sie dürfen alt, faul und löchrig werden. Dort
können Schwarzspecht und Hohltaube nisten, Fledermäuse
den Tag verschlafen, Pilze wachsen und im modrigen Holz seltene
Insekten wohnen, die wiederum Jagd auf den Borkenkäfer machen.
Bild: Schwarzspecht (Foto: Steffen Hannert/vogelruf.de)
Dieses ökologische Sonderprogramm heißt „Alt-
und Totholzkonzept". Das Ziel ist ein regelmäßiges
Netz- von Alt- und Totholzbäumen über die Waldfläche.
Alle drei Hektar wird eine solche Gruppe mit 15 bis 20 Bäumen
vom Förster ausgesucht, die sich dann selbst überlassen
bleibt, alt werden darf und irgendwann zerfällt. Im Staatswald
Waldshut sind derzeit zusammen mit den Bannwäldern bereits
heute rund 1000 Hektar zugunsten der Natur stillgelegt, das sind
7% Prozent der Betriebsfläche. Darüber hinaus wird jeder
erkannte Höhlen- oder Horstbaum geschont. Die gezielte Kartierung
und Markierung der für die Artenvielfalt besonders wertvollen
Höhlenbäume, unterstützt die Förster und Waldarbeiter
bei ihrer täglichen Arbeit.
Herr Luis Sikora, ein anerkannter Experte für Dendroavifaunistik,
wird in diesem Winter alle ökologisch wertvollen Altbestände
des Staatswaldes Waldshut aufsuchen und dort die Höhlenbäume
erfassen. Eine fachliche Fortbildung der forstlichen Mitarbeiter über
die Ergebnisse und Erkenntnisse der Höhlenbaumkartierung rundet
seinen Projektauftrag ab.
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