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23.12.13

Klarstellungen über den Weihnachtsmann

Es ist ein lauer Dezembertag kurz vor Weihnachten. Der Schwetzinger Schlossplatz ist weiträumig abgesperrt, aber nicht weil der Weihnachtsmann seinen Rentierschlitten hier landen will, sondern weil Coca-Cola seinen Weihnachts-Truck angekündigt hat. Und wirklich, als die Klappe offen ist, verkündet ein Schild, dass man hier "den Weihnachtsmann persönlich" treffen kann. Mit Kamin und Foto und so.

Das erfordert einige Klarstellungen mit wissenschaftlicher Seriosität:

Den Weihnachtsmann gibt es nicht. Es gibt jahreszeitlich bedingt jede Menge Männer, die rote Mäntel anziehen, sich rote Mützen aufsetzen und das Gesicht hinter einer gewaltigen weißen Bartatrappe verstecken. Meistens verteilen sie Süßigkeiten. Offenbar hat hier die Quotenregelung noch nicht gegriffen, so dass Weihnachtsfrauen eher die Ausnahme sind.

Der Weihnachtsmann als Motiv ist eine Übertragung des katholischen Nikloaus in die protestantische Welt. Daher ist sein Mantel so rot wie der Habit der Bischöfe. Nikolaus war derjenige, der die Geschenke brachte - am 6. Dezember, an seinem Namenstag.

Bild: Lange vor Coca-Cola hatte der Nikolaus/Weihnachtsmann seinen roten Mantel. Aus der Ausstellung "Weihnachten zur Kaiserzeit" in Schloss Bruchsal 2008.

Luther setzte in Ablehnung der katholischen Traditionen an die Stelle des Nikolaus das Christkind, das fortan die Geschenke brachte. Meistens waren das Dinge, die man brauchen konnte in kalten Wintern - Strümpfe, Mäntel, Pelzkrägen.

Der Nikolaus als Wohltäter hatte in vielen Gegenden einen Begleiter bei sich, der die erzieherische Funktion übernahm - das ist der Pelznickel, der Knecht Ruprecht, oder wie immer er, landschaftlich verschieden, genannt wurde. Er hat das Sündenbuch bei sich und die Rute. Die Rute war übrigens noch einige Zeit nach Verabschiedung der Menschenrechtscharta des Europarats in Gebrauch. Knecht Ruprecht soll übrigens dem Vernehmen nach auf Bischof Ruprecht von Salzburg zurückgehen, einen Verwandten der Robertiner, die im 8. Jahrhundert am nördlichen Oberrhein das Kloster Lorsch gegründet hatten.

In manchen Gegenden Südwestdeutschlands hat sich die Tradition des Pelznickels verselbständigt, da gehen am Nikolaustag verkleidete junge Männer durchs Dorf und treiben Schabernack, der nicht von allen betroffenen jungen Frauen als Schabernack gewertet wird.

Da nun das Christkind ebenso vorrangig Wohltäter ist und die lieben Kinder - also die sozial angepassten, die ihren Eltern wenig Mühe machen - belohnt (also positiv bestärkt und zum weiteren sozial angepasst sein ermutigt), da es darüber hinaus in der klassischen Vorstellung klein, zierlich, schwach und blond (in einem Alter kurz vor Einsetzen der Pubertät) ist, braucht es einen starken Mann an seiner Seite, der die ganzen Geschenke schleppt. Das ist der Weihnachtsmann, der als Motiv nichts anderes ist als der alte Nikloaus in konfessionell übergreifender oder ungebundener Funktion.

Weihnachtsmann in grün. Aus der oben genannten Ausstellung

Dass der Weihnachtsmann durch den Kamin kommt, scheint eine romantische Verklärung der Tatsache zu sein, dass in Amerika, der Heimat dieser Vorstellung, Kaminheizung vorherrschte. Auch Präsident Roosevelt pflegte in den 1930er Jahren die Tradition der "Kamingespräche". Deutsche Kamine sind nicht erst im Zeitalter der Edelstahleinsätze zu eng.

Das Christkind hat noch eine andere Wurzel. In mittelalterlichen Nonnenklöstern scheint dem Vernehmen nach ein ziemlicher Kult um die Krippenfigur des Jesuskinds getrieben worden zu sein. Es wurde eingekleidet und in den Arm genommen und gewiegt. Kommentare darüber sind fehl am Platz. Interessant wäre aber eine wissenschaftliche Untersuchung über den Zusammenhang zwischen dem Kult um das "süße kleine" Jesuskind und einer konfessionellen Ausrichtung bzw. einer eindeutig zu definierenden Zeitströmung.

Zum Termin: Heiligabend ist nicht Weihnachten. Heiligabend ist der Vorabend des Weihnachtstags, also der Tag vorher. Es entspricht guter protestantischer Tradition, dass es an diesem Abend ein einfaches Essen gab - Würstchen mit Kartoffelsalat z.B.

Am kurpfälzischen Hof in Heidelberg wurde Weihnachten vermutlich nach guter deutscher Manier gefeiert: Am Weihnachtstag ging man in die Stadtkirche zum Festgottesdienst und anschließend wurde getafelt. Dabei bogen sich die Bretter der Tische unter der Last des Festessens. Was übrig blieb, bekamen die Diener, was die übrig ließen, bekamen die Armen der Stadt. Und das hat auch noch gereicht. Weihnachten war ein Fest. Die deutsche Besinnlichkeit kam erst im 19. Jahrhundert auf.

In der orthodoxen Kirche wird Weihnachten erst am 6. Januar gefeiert. Vermutlich gibt es auch erst dann Geschenke. Entsprechend ist der Jahreswechsel am 13. Januar. Julianischer Kalender.

Und zum Schluss: Der Weihnachtsmann hat einen größeren Wortschatz als "ho ho ho".

In diesem Sinne - Frohe Weihnachten.

 
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