22.8.12/ 16.8.13
Grabung in Ladenburg jetzt veröffentlicht
Die im vergangenen Jahr hier veröffentlichte Meldung
vom Besuch auf der Grabung "Zwingertgasse" in Ladenburg, die überraschenderweise
ein Stück der römischen Stadbefestigung im Norden der Stadt zu
Tage treten ließ, ist jetzt im neuesten Band der "Archäologischen
Ausgrabungen in Baden-Württemberg" (2012, S. 181ff.) veröffentlicht.
Wir zitieren hier die Nachricht aus dem letzten Jahr:
Archäologie in Ladenburg mit neuen Erkenntnissen
Reste der römischen Stadtmauer, Reste eines
römischen Wohnhauses sowie die Skelette zweier Pferde wurden
jetzt von den Archäologen des Landesamts für Denkmalpflege
in der Innenstadt von Ladenburg freigelegt.
Die Funde kamen unerwartet zu Tage, da zwar Ladenburg bekanntermaßen
als Römerstadt immer wieder Funde der ersten nachchristlichen
Jahrhunderte bringt, die Fundstelle jedoch zunächst wenig
Spektakuläres erwarten ließ. Die Archäologen unter
Leitung von Hauptkonservatorin Dr. Britta Rabold vermuteten denn
auch angesichts der freigelegten Packlage aus Bruchstein zunächst
einen Straßenzug, der die Fundstelle im Norden der Altstadt
durchzogen haben könnte. Groß die Überraschung,
als die „Rollierung“ in einer Mächtigkeit von über
einem Meter ausgegraben wurde – also keine Straße sondern
ein breiter Mauerzug war – und schließlich im weiteren
Verlauf das Fundament eines kleinen Turms erkennen ließ,
der die Stadtmauer verstärkte.
Gesamtaufnahme des Grabungsgeländes
mit Stadtmauer (hinten) und Wohnhaus (links)
Ganz nahe an der Mauer stand ein Wohnhaus, dessen aufgedeckter
Raum aufwendig mit einer Hypokaustanlage als Heizung ausgestattet
war. Die Feuerstelle dazu dürfte sich in angrenzenden Erdreich
im Bereich der Zehntscheuer verbergen.
Die Interpretation des Befunds ist vielschichtig:
Zum ersten war von der römischen Stadtmauer im Norden der
Stadt bislang noch überhaupt nichts bekannt – weder
ob sie überhaupt existierte, noch ob sie gegebenenfalls nicht
nur aus Wall und Graben bestand. Ein benachbarter Neubau liegt übrigens
unmittelbar vor dem Mauerzug, so dass dieser damals unbemerkt geblieben
war.
Zum zweiten muss die römische Stadtmauer durchaus neu bewertet
werden. Stadtmauern galten zunächst als Prestige- und weniger
als Verteidigungsbauten, was angesichts der Neudatierung der Ladenburger
Mauer in die Zeit kurz nach 230 n. Chr. revidiert werden muss.
Was allerdings in Ladenburg noch fehlt – und hier sind die
Archäologen guter Dinge, die Baugrube der eigentlichen Baustelle
auch verlassen und weiter nach außen graben zu dürfen – ist
der Nachweis der Dicke der Stadtnauer und evtl. der eine oder andere
Fund eines Zinnensteins im davor liegenden Graben. Der nämlich – im
Süden der Stadt geborgen und ins Lobdengaumuseum verbracht – wäre
der Nachweis, dass die Mauer auch tatsächlich fertiggestellt
wurde.
Das Haus ziemlich unmittelbar an der Mauer wiederum zeigt, dass
es sich um eine „echte“ Mauer handelte und nicht – wie
etwa in Xanten – um eine Hinterschüttung der Mauer mit
einem Erdwall.
Fundamente des Wohnhauses mit Hypokaustheizung. Der Estrich
wurde in späterer Zeit für eine Grube durchschlagen. Die dunkle
Färbung
in der Grubenwand im HIntergrund ist eine Verfüllung des 16./17.
Jahrhunderts.
Das Wohnhaus mit seinem hypokaustbeheizten Raum zeigt einigen
Wohnkomfort im nördlichen Stadtviertel. Hier waren bisher
meist Streifenhäuser entlang der Hauptstraße nach Worms,
also Handwerkerhäuser mit Lagerräumen, festgestellt worden.
Bei Hypokaustanlagen denkt der Laie zunächst an Bäder,
was jedoch für diese Stelle nicht zutrifft.
Rätsel geben die beiden Skelette von Pferden auf, die sich
durch einen ebenfalls gefundenen Zügel-Führring als Zugpferde
erwiesen. Warum wurden sie hinter der Stadtmauer, in unmittelbarer
Nachbarschaft des Wohnhauses beerdigt? Waren es wirklich Pferde,
die bei Bau der Mauer eingesetzt waren? Offenbar fanden die Archäologen
bei den Skeletten keine Überreste von Waffen, und auch die
Skelette trugen keine Anzeichen von Verletzungen, so dass sie wohl
eher nicht bei Kampfhandlungen um die Stadt zu Tode gekommen waren.
Die Baugrube bleibt bis Ende August offen und wird dann für
den Bau des Doppelhauses ausgeräumt.
Rollierung des aufgedeckten Mauerturms
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