29.1.13
Archäologen erkunden die römische Straßenstation
Aichhalden-Rötenberg „Brandsteig“
Archäologen des Regierungspräsidiums Freiburg erforschen
derzeit die römische Straßenstation Aichhalden-Rötenberg „Brandsteig“ im
Landkreis Rottweil. Die Reste dieser Station sind Teil der römischen
Straßenverbindung vom Kinzigtal an den oberen Neckar, die
im Jahr 74 n. Chr. unmittelbar nach der römischen Besetzung
des oberen Neckargebiets ausgebaut wurde. Die Straße verband
die Städte Straßburg und Rottweil. Am „Brandsteig“ ist
der Aufstieg aus dem Kinzigtal geschafft. „Eine dort liegende
Quelle mit hoher Schüttung gab wahrscheinlich den Ausschlag,
eine Straßenstation für den Pferdewechsel und vielleicht
auch die Kontrolle des Verkehrs anzulegen“ so Dr. Ute Seidel,
Archäologin im Regierungspräsidium Freiburg.
Der Ort trägt auch den Namen „Schänzle“,
der auf eine in der Barockzeit hier angelegte Schanzanlage zurückgehen
soll. Von ihr sind keine Spuren mehr erkennbar. Auch von der ehemaligen
Wallfahrtskapelle „Zum Heiligen Kreuz“, die auf den
römischen Mauerresten stand, ist heute nichts mehr zu sehen. „Von
der römischen Straßenstation sind nur zwei originale
römische Säulen an einer Informationstafel zusammen mit
der künstlerisch nachempfundenen Kopie eines im Jahr 1983
bereits auf Gemarkung Schenkenzell gefundenen Merkurreliefs zu
besichtigen“, erläutert Dr. Seidel. Die Fundstelle sei
in ihrer Art einzigartig und eine der ganz seltenen Straßenstationen
aus der Römerzeit in Baden-Württemberg. Auch die Geschichte
ihrer Erforschung sei bemerkenswert und ein Stück Heimatgeschichte
für Rötenberg und Umgebung.
Behauene Steine, insbesondere Säulenfragmente finden sich
noch heute als sogenannte „Spolien“ in Häusern
von Rötenberg verbaut. Auch die Säulen im Garten zwischen
Kirche und Gemeindehaus sind römische Originale. Es dürfte
sich um fünf der sechs Säulen handeln, die im Jahre 1822
gefunden wurden, als eine Feldmauer für Straßenreparaturen
abgehoben wurde. Weitere Säulenfragmente vom "Brandsteig" gelangten
ins heutige Landesmuseum Württemberg in Stuttgart, und in
das heutige Dominikanermuseum in Rottweil.
Erste römische Mauerreste wurden bereits 1770 aktenkundig.
Folgt man einem Schreiben, das Pfarrer Köhler aus Oberndorf
1840 verfasste, werde deutlich, wie viel an Funden, Inschriftensteinen,
Säulen und Münzen aus der Straßenstation "Brandsteig" im
Lauf der Jahrzehnte durch Veräußerung oder unsachgemäße
Behandlung verloren gegangen sei, so die Archäologin. So wurden
Inschriftensteine in Ziegelöfen verbaut und zerstört.
Auch ein um das Jahr 1825 an der Quelle gefundener Altar, der 90
- 96 n. Chr. der Lokalgöttin Abnoba geweiht wurde, ging 1944
im Krieg verloren.
1841 wurde in Oberndorf ein „Brandsteiger Alterthumsverein“ ins
Leben gerufen. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten u.
a. der Salinenverwalter Hauptmann von Alberti von Rottweil und
der Gründer des „Schwarzwälder Boten“, Wilhelm
Brandecker. Der Verein machte „es sich zur Aufgabe, den als
claßisch erkannten Boden auf dem sog. Brandsteig bey Röthenberg
zu untersuchen.“ In den Jahren 1841 und 1842 wurden unter
der Leitung von Pfarrer Schmid von Rötenberg die Grundrisse
zweier Gebäude freigelegt. Originale Dokumente zu diesem Verein übergab
der Ehrenamtliche Beauftragte Alfred Danner aus Oberndorf jüngst
der Denkmalpflege in Freiburg.
„Die genaue Anzahl und Lage der Gebäude am „Brandsteig“ ist
trotz kleiner Grabungen im 19. und 20. Jahrhundert bis heute unbekannt.
Im Zug der Neuinventarisation der Archäologischen Denkmale
im Kreis Rottweil durch die Denkmalpflege im Regierungspräsidium
Freiburg soll dieser Mangel nun behoben werden“, berichtet
Dr. Seidel zum weiteren Vorgehen. Eine Ausgrabung komme nicht infrage,
da die Fundstelle durch die wenig intensive landwirtschaftliche
bzw. forstliche Nutzung derzeit gut geschützt sei. „Die
Denkmalpflege in Freiburg hat daher einen Spezialisten vom Landesamt
für Denkmalpflege in Stuttgart angefordert, um mit Hilfe von
zerstörungsfreien geophysikalischen Messungen den Boden nach
baulichen Strukturen abzusuchen.
Auf der Grundlage der Messdaten von Dr. Harald von der Osten-Woldenburg
kann dann ein Plan der Straßenstation erstellt und ihre Ausdehnung
ermittelt werden.“ |