27.3.10
Kloster Schöntal: Die Passion Christi als
barockes Theater
Seltenes Heiliges Grab der Klosterkirche Schöntal
restauriert
(ssg) Nach aufwendigen Restaurierungsarbeiten durch die Staatlichen
Schlösser und Gärten Baden-Württemberg wird in
der Klosterkirche von Schöntal ein ungewöhnliches Kunstwerk
wieder der Öffentlichkeit zugänglich: ein barockes
Heiliges Grab. Rechtzeitig zur Karwoche wird das rare Ensemble
aus dem späten 18. Jahrhundert wieder aufgestellt. Ab Ostern
kann man es bei Besuchen in der Schöntaler Barockkirche
erleben – ein ungewöhnliches Zeugnis für einen
religiösen Brauch, der heute selten geworden ist.
Ein Heiliges Grab war früher in vielen katholischen Kirchen
zu finden. Es zeigt den toten Christus im Grab. Die Darstellung
ist meist ganz realistisch und anschaulich – kein Wunder,
diente doch das Ensemble dazu, den Tod Christi den Gläubigen
ganz plastisch, ja sogar dramatisch während der Gottesdienste
vor Augen zu führen. Ganz barocke Theatralik, sollte es
die Menschen erschüttern und ihnen durch die starke Emotion
die Botschaft besonders deutlich machen.
Das Heilige Grab in der Klosterkirche Schöntal, wie es sich
am Gründonnerstag darbietet: Die Grabkammer ist geöffnet.
Das Heilige Grab in Schöntal, eine hölzerne Großskulptur
und realistisch farbig gefasst, ist ein großer Fels; im
unteren Bereich öffnet sich eine rechteckige Nische, das
eigentliche Grab. Je nach dem Tag von Passion und Ostern, ist
diese Grabhöhle leer – oder der tote Christus, angebetet
von zwei Engeln, liegt in der Höhlung. Das Skulpturenensemble
ist so angelegt, dass es aktiv für fromme Inszenierungen
genutzt werden kann: Die Grabnische lässt sich durch eine – hölzerne – Felsplatte
verschließen. Damit entsteht eine weitere Station der Passion:
der Moment nach der Bestattung Christi und vor seiner Auferstehung.
Wandlungsfähig ist auch der Aufbau des Grabes: In der oberen
Hälfte öffnet sich ein Tabernakel, umgeben von Wolken
und Puttenköpfen. Der Tabernakel kann gedreht werden und
bietet drei Ansichten. Um den dramatischen Eindruck des Ensembles
zu verstärken, hatte das Heilige Grab eine effektvolle Beleuchtung
mit Leuchterarmen und Halterungen für Lampen, die sich zum
großen Teil erhalten haben. Raffiniert: In den Seitenwänden
der Grabnische befinden sich versteckte Nischen für Kerzen,
die das dramatische Geschehen effektvoll seitlich beleuchten.
Und um den Effekt des Kerzenlichts noch zu erhöhen, sind
auf dem Felsen kleine Glassplitter angebracht: Sie reflektieren
das flackernde Licht.
Um 1790 schuf Georg Schäfer das Heilige Grab für das
südliche Querhaus der Klosterkirche Schöntal. Man ersetzte
damals wahrscheinlich ein früheres Grab aus dem Jahre 1685.
Genutzt wurde es bis etwa 1955 für Gottesdienste und Andachten
zwischen Gründonnerstag und Ostern. In späteren Jahren
verstaute man das unmoderne Gottesdienstrequisit auf einer Empore.
Erst im vergangenen Jahr konnten die großformatigen Einzelteile
mit einem Kran von ihrem Verbannungsort gehoben und sicher im
Kirchenschiff abgesetzt werden. Über ein Jahr betreuten
die Restauratoren der Staatlichen Schlösser und Gärten
Baden-Württemberg das barocke Grab. Der Zahn der Zeit hatte
für Risse, Abbrüche, morsche Stellen im Holz und gelockerte
Verbindungen gesorgt. Das alles kam bei den sorgfältigen
Untersuchungen zum Vorschein. Die Restauratoren sicherten und
reinigten die Farbfassung und die Holzteile. Eine wesentliche
Aufgabe war es auch, das kostbare Objekt von den typischen Holzschädl
ingen zu befreien.
Jetzt steht das Heilige Grab wieder am historischen Ort. Und:
Es soll kein Museumsstück werden! Die katholische Kirchengemeinde
Schöntal wird das Heilige Grab wie einst wieder in die Gottesdienste
der Passionszeit integrieren. In der Karwoche kann man mit der
Gemeinde das Mysterium der Grablegung und Auferstehung leibhaftig
erleben – wie schon vor über 200 Jahren. Außerhalb
von Gottesdiensten ist das Heilige Grab in der Kirche zu besichtigen:
Es steht an seinem ursprünglichen Ort im linken Seitenschiff,
sicher hinter dem reich geschmückten barocken Chorgitter.
Und wer die Großskulptur ganz aus der Nähe erleben
und mehr darüber erfahren will, hat dazu bei Führungen
in der Kirche Gelegenheit.
Kirchenführungen:
Katholisches Pfarramt Schöntal
Telefon (0 79 43) 24 06
Telefax (0 79 43) 84 12
klosterschoental@se-schoental.de
Führungen in Kloster Schöntal:
Bildungshaus Kloster Schöntal
Telefon (0 79 43) 8 94-0
Telefax (0 79 43) 8 94-100
bildungshaus@kloster-schoental.de
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