15.4.10
Archäologische Denkmalpflege: Publikation "Der
urnenfelderzeitliche Männerfriedhof von Neckarsulm"
Im Vorfeld der Erschließung eines Gewerbegebiets ist im
Jahr 2001 in Neckarsulm ein Gräberfeld entdeckt und vollständig
ausgegraben worden. Mit insgesamt 50 Bestattungen gehört
das in das späte 2. Jahrtausend vor Christus zu datierende
Gräberfeld von Neckarsulm zu den größten der
späten Bronzezeit in Baden-Württemberg. Dieser urnenfelderzeitliche
Bestattungsplatz bei Neckarsulm wurde von Herrn Steffen Knöpke
im Rahmen einer Dissertation an der Universität Zürich
bearbeitet. Seine Forschungsergebnisse, ergänzt durch Untersuchungen
des Anthropologen Prof. Dr. Joachim Wahl vom Landesamt für
Denkmalpflege am Regierungspräsidium Stuttgart, liegen nun
als Buch vor. Im Stadtmuseum Neckarsulm fand heute die Präsentation
dieses Werkes statt.
Nach einer Begrüßung durch die Leiterin des Stadtmuseums
Nathalie Scheerle-Walz übergab Landesarchäologe Dr.
Dirk Krausse vom Landesamt für Denkmalpflege beim Regierungspräsidium
Stuttgart das im Februar 2010 erschienene Buch an Bürgermeister
Klaus Grabbe. Danach übernahm der Verfasser Dr. Steffen
Knöpke selbst die inhaltliche Vorstellung seines Werkes.
Außergewöhnlich sei an dem Gräberfeld, dass alle
Verstorbenen unverbrannt beigesetzt wurden. Wie die Bezeichnung „Urnenfelderzeit“ impliziere,
seien die Toten dieser Epoche fast immer eingeäschert worden.
Zahlreiche Doppel- und Mehrfachbestattungen wiesen auf besondere
Beziehungen zwischen den Mitgliedern dieser Personengruppe hin.
Der diesbezügliche Beitrag des Anthropologen Prof. Dr. Joachim
Wahl vom Landesamt für Denkmalpflege am Regierungspräsidium
Stuttgart biete einen tieferen Einblick in die Zusammensetzung
der Gruppe. Sie habe ausschließlich aus Männern bestanden,
die zumeist im Alter von 30-40 Jahren verstorben sind. Der Friedhof
sei demnach einem bestimmten Bevölkerungssegment vorbehalten
gewesen und spiegelte nicht die Strukturen einer Dorfgemeinschaft
wieder.
Auch in der Ausstattung der Gräber mit Beigaben seien Besonderheiten
erkennbar. Unter den Keramikfunden dominiere das meist im Schädelbereich
abgestellte, einzelne Trinkgefäß. Die für die
Urnenfelderzeit charakteristischen mehrteiligen Geschirrsätze
fehlten dagegen. Zu den herausragenden Fundstücken gehörten
drei Bronzeschwerter und eine Lanzenspitze. Sie bildeten zugleich
auch einen der größten spätbronzezeitlichen Waffenfunde
der letzten Jahrzehnte. Der materielle oder ideelle Wert gerade
der Waffen drücke sich in der bei einigen Gräbern beobachteten
antiken Beraubung aus. Ganz gezielt und damit wohl in engem Abstand
zum Zeitpunkt der Grablege seien die Gräber recht grob durchwühlt
worden. Bei der Neckarsulmer Bestattungsgemeinschaft handele
es sich um eine auf dem Prinzip der Gefolgschaft aufgebauten
Gruppe. So könne die Urnenfelderkultur als ein Ausgangspunkt
zur Herausbildung und Institutionalisierung von Machtstrukturen
verstanden werden, die in die „Fürstendynastien“ der älteren
Eisenzeit münden sollten.
Informationen zum Buch
Autor: Steffen Knöpke
Titel: Der urnenfelderzeitliche Männerfriedhof von Neckarsulm
Reihe: Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte
in Baden-Württemberg, Band 116
Verlag: Konrad Theiss Verlag
Erscheinungsdatum/-ort: Stuttgart 2010
Gebundene Ausgabe: 351 Seiten
Ausstattung/Bilder: mit zum Teil farbigen Abbildungen und Tabellen
sowie 60 Tafeln.
Preis: 54 Euro |