16.12.08
Interessanter Fund im Schlossgarten Schwetzingen
Wie die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg
gestern mitteilten, wurden bei Arbeiten im Schlossgarten Schwetzingen
Fundamente ehemaliger und bislang noch unbekannter Treillagen
im südlichen Boskett entdeckt. Treillagen oder Laubengänge
bestehen aus einem auf Sandsteinfundamenten ruhenden Metallgerüst,
an dem Holzgitterwerk angebracht ist. Diese kostbaren und nur
begrenzt haltbaren Holzarchitekturen schmückten in der Barockzeit
die kunstvollsten Partien des Gartens. Heute sind von der ehemals
reichen Ausstattung noch die wunderbaren und derzeit gerade in
Sanierung begriffenen Laubengänge des Zirkels und das Gitterwerk
zwischen dem Badhaus und dem Perspektiv, dem sogenannten Ende
der Welt, erhalten.
Auch das innere Oval, das Herzstück des südlichen
Bosketts (barockes Waldstück), und optischer Bezugspunkt
von vier drum herum angelegter Nischenkabinette mit Vasen, wurde
einst durch eine aus Gitterwerk gebaute Kolonnade geziert, wodurch
der hohe Architekturwert dieses Bereichs im Schlossgarten hervor
gehoben wurde. Bei den vier Vasen handelte es sich um von Konrad
Linck gefertigte „Urnen von Sandstein“, die 1823
von Schwetzingen nach Karlsruhe gebracht wurden und seitdem auf
dem Schlossplatz stehen.
Für Gartenhistoriker und –denkmalpfleger handelt
es sich bei der Entdeckung dieser Treillagenfundamente um einen
sehr bemerkenswerten Fund, berichteten Hartmut Troll, Referent
für historische Gärten der Staatlichen Schlösserverwaltung
und der für Schwetzingen verantwortliche Gartenarchitekt
Gerhard Raab.
Momentane Fundsituation im südlichen Boskett. Treillagenfundamente
(Vordergrund) und neue Beton- Ummantelung der historischen Vasenfundamente
(Hintergrund) (Bild: Gerhard Raab)
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konnten bei gartenarchäologischen Grabungen im südlichen
Boskett drei Fundamente von den vier dort ehemals aufgestellten
Vasen nachgewiesen werden. Im selben Jahr wurde in der Mitte
des Bosketts das so genannte Oval jetzt mit einer neuen Buchenpflanzung
gerahmt, die als ‘Palissades percée en arcades’ ausgebildet
werden soll, und so den ursprünglichen Kolonnadenrand,
die barocke Idee der Raumfassung, wieder herstellt. Denn schon
im 19. Jahrhundert wurde diese baufällig gewordene Treillage
durch eine Baumpflanzung ersetzt. Die Grabungsnachweise der
Vasenstandorte boten die Chance, das „schönste Stück“ eines
jeden Bosketts, nämlich dessen Mitte, auf der Grundlage
neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse mit der ehemaligen figürlichen
Ausstattung in Form von Kopien zu ergänzen und den Vegetationsbestand
adäquat zu entwickeln. Bevor nun der Fund gemacht werden konnte, wurde auf Grundlage
der Originalpläne, die in Münchner Archiven aufbewahrt
sind, das Entwurfsprinzip für die Nischenformen möglichst
exakt nachvollzogen. Es stellte sich heraus, dass hier zwei
Varianten existierten, einmal zwei Halbkreise mit Zwischenstück
und zum anderen ein Achteck. Dieser Befund sei innerhalb des
ansonsten von Symmetrie und Entsprechung geprägten Gartenentwurfs
eine absolute Ausnahme, so Hartmut Troll, und die Bedeutung
dieser Anomalie wäre wissenschaftlich noch nicht wirklich
erforscht. So bestätigen auch die aktuellen Grabungen
nicht nur den damit nachgewiesenen ehemaligen Treillagenrand
sondern werfen neue interessante Fragen für die Wissenschaftler
auf.
Geplant ist nun als erstes, die Fundamente der Vasen wiederherzustellen
und die vier Urnen im nächsten Frühjahr in Kopie
wieder aufzustellen. Durch die Wiederherrichtung der kleinen
Vasen-Kabinette wird die sehr feingliedrige Raumkonzeption
im südlichen Boskett des Schlossgartens Schwetzingen wieder
sichtbar.
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