6.9.06
Rettungsgrabung
innerhalb einer mittelalterlichen Burg
Seit
April 2005 gräbt das Referat 25, Archäologische Denkmalpflege,
die Reste der ehemaligen Burg in Wolfsölden. Auslöser war ein
Bauantrag für Wohnbebauung im Bereich der Kernburg. Der Aufmerksamkeit
eines gebürtigen Wolfsöldners ist zu verdanken, dass dieses Vorhaben
dem Regierungspräsidium bekannt wurde. Die notwendige Rettungsgrabung
wurde umgehend begonnen und wird aktuell weitergeführt. Die Bebauungsabsicht
konnte nicht mehr insgesamt revidiert werden. Aufgrund der Befundlage hat
das zuständige Landratsamt aktuell aber den Bauantrag für den
zweiten Bauabschnitt abschlägig beschieden.Wolfsölden ist erstmals
im Hirsauer Codex zwischen 1100 und 1130 genannt. Die Familie, die
sich nach dem Sitz in Wolfsölden nannte, gehörte zum mächtigen
und reich begüterten Geschlecht der Hessonen, die dem König nahe
standen. Warum sie ausgerechnet diesen Ort als ihren Stammsitz
gegen Ende des 11. Jh. wählten, ist unbekannt. Zur Burg gehörte
neben der Vorburg, die aus Wirtschaftsgebäuden bestand und für
die Verpflegung der Burginsassen zuständig war, eine Kapelle,
die der Jungfrau Maria geweiht war, ferner eine Mühle am Fuß des
Bergsporns in der Talaue und ein Hochgericht, das anhand von Flurnamen
überliefert ist. Nach 1230 sind mehrere Besitzwechsel und Zerstörungen
(1286 und 1312) überliefert und 1521 wird die Burg schließlich
als ruinös beschrieben und bis weit ins 18. Jh. hinein als Steinbruch
genutzt. Die Grabungen erstrecken sich in einem Teilbereich der
Kernburg und erbrachten erstaunliche Ergebnisse, die weit über
die Grenzen Baden-Württembergs hinaus große Beachtung fanden.
Grob lassen sich zwei Zeitphasen unterscheiden: Die Ursprungsbebauung
aus dem Ende des 11./12. Jh. und schließlich eine weitere aus
dem 13./14. Jh. Als dominierender Bau gehörte zur ersten Burg
der Bergfried mit einer Seitenlänge von etwa 12 m. Weitere Nebengebäude
sind in Resten auf dem Bergplateau nachzuweisen, so u.a. eines,
das eine technische Besonderheit aufwies: In einem Brennraum,
erreichbar über eine Treppe mit davor liegendem Arbeitsraum, wurde
ein kräftiges Feuer geschürt. Man ließ dieses nach einiger Zeit
verglimmen und konnte dann eine verschließbare Öffnung, die über
dem Scheitel des Gewölbes angebracht war, die heiße, gespeicherte
Luft, ohne Rauchbelästigung, in den darüber liegenden Raum strömen lassen.
Derartige Heizungen sind aus dieser frühen Zeit äußerst selten
und sprechen für einen hohen Lebensstandart der Wolfsöldener Adelsfamilie. Als
weitere bemerkenswerte Einrichtung diente eine Zisterne für die
Wasserversorgung der Burgbewohner. Sie war etwa 4 m tief und mit
verschiedenen Lagen von Kiespackungen gefüllt, die das kostbare
Nass entsprechend filterten. Über einen Schöpfschacht konnte das Wasser
von oben entnommen werden. Eine in Resten noch vorhandene Gebäudeecke beweist,
dass das Wasserreservoir überbaut war. Gefüllt wurde es durch
Regenwasser, das z.B. von den Dächern gesammelt wurde und wahrscheinlich
per Holzleitungen in die Zisterne geleitet wurde. Die Kernburg
wurde von einer Mauer mit davor liegendem Graben umwehrt. Dieser
hatte seine Aufgabe auch noch im Spätmittelalter inne. Mehrere
massive Steingebäude füllten nun das Burggelände, deren Funktion
sich, zumindest derzeit, leider nicht erschließt. Fehlende Bodenniveaus
dieser Zeit machen die Interpretation nicht leichter. Auffallend
ist ein exakt behauenes Sandsteingewände, das in einen Kellerraum
(mit Lichtschächten) im Norden der Burg führte. Die Raumheizung
wurde wohl in dieser Phase noch verwendet, die Zisterne dagegen
verfüllt. Wie die Wasserversorgung der Spätzeit gewährleistet
war, lässt sich nicht nachweisen.
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