25.9.07
Das Mädchen von Windeby
Im Mannheimer Zeughaus wurde heute, Dienstag, ein weiteres berühmtes
Stück der weltweit größten Mumien-Ausstellung ausgepackt. Nach
der im Kampf abgeschlagenen Schwur- und Schwerthand des Gegenkönigs
Rudolf von Rheinfelden aus der Zeit des Investiturstreits, nach
einem mumifizierten Mammutbein und einer komplett erhaltenen Familie
aus der Domanikanerkirche in Vác, Ungarn, erblickte jetzt das
in Fachkreisen hochberühmte Mädchen von Windeby das Licht der
Scheinwerfer.
Die gut erhaltene Moorleiche wurde 1952 beim Torfstechen gefunden
und galt zunächst als Mädchen von ca. 11 - 13 Jahren, auf die
ein Bericht des römischen Schriftstellers Tacitus zuzutreffen
schien. Nach ihm sollen die Germanen in hoher Sittenstrenge Ehebrecherinnen
im Moor versenkt haben. Dafür sprach die obszöne Geste, die die
Tote mit den Fingern machte, dafür sprachen auch Knebelspuren
an den Wangen. Und eine zweite, in unmittelbarer Nähe gefundene
Leiche, schien der entsprechende sündhafte Partner zu sein.
Das Mädchen war in Teilen sehr gut erhalten, hatte allerdings
bereits bei der Auffindung gelitten. Mumifiziert waren Arme und
Kopf sowie die Beine, Brustkorb, Unterkörper und Becken waren
noch in Knochen vorhanden. Von der ursprünglichen Kleidung war
außer einem Pelzkragen nichts mehr erhalten, die leinenkleidung
war im Moor vergangen, weswegen man vermutete, die Tote sei nackt
ins Moor gestoßen worden.
Später erst wurde deutlich, dass beide im Abstand von ca. 200
Jahren zu Tode kamen, und die Theorie vom Ehebruch war hinfällig.
Die obszöne Geste war erst beim Transport der noch weichen Leiche
entstanden. Modernste Untersuchungsmethoden der letzten Jahre
ergaben schließlich, dass es sich nicht um ein Mädchen, sondern
um einen schmächtigen Jungen im Alter von 14 - 16 Jahren handelte,
der auch nicht als Strafe, sondern eher als Schutz vor den Geistern
eines ungewissen Todes im Moor versenkt wurde.
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