21.4.07
Brandgräber in der Trasse der A 98 bei Murg erforscht
Im Rahmen einer vierwöchigen Grabungskampagne konnte im Frühsommer
in Murg-Niederhof im Gewann Birkfeld ein kleiner Bestattungsplatz
der Römerzeit ausgegraben werden. Hinweise auf die Lage der Gräber
stammen von E. Gerspach, der bereits 1938 bei der Anlage einer
Drainageleitung auf mehrere Gräber in diesem Bereich stieß. Insgesamt
konnten damals vier Bestattungen nachgewiesen werden. Bei diesen
handelte es sich um Brandgräber - einen in römischer Zeit üblichen
Grabritus - bei denen Reste des Leichenbrandes in ei-nem bauchigen
Gefäß in der Erde deponiert wurden. Unter den Grabbeigaben fanden
sich u. a. ein Krug und eine Prägung des Kaisers Domitian (81-96
n.). Die Bronzemünze gibt uns einen Hinweis, dass die Gräber im
ausgehenden 1. Jh. n. Chr. angelegt wurden. Ziel der diesjährigen
Ausgrabungen war es, die Lage der 1938 entdeckten Gräber nachzuweisen
und - weitere noch unentdeckte - vor der endgültigen Zerstörung
durch den Bau der A 98 zu bergen. Durch einen ca. 100 m langen
und 2 m breiten Baggerschnitt konnte neben der Drainageleitung
auch der wieder verfüllte Grabungsschnitt von E. Gerspach lokalisiert
werden. Nach der Erweiterung der Grabungsareals im unmittelbaren
Umfeld der "Altgrabung" konnten Ausgrabungsleiter Dr. Johannnes
Lauber vom Denkmalpflegereferat des Regierungspräsidiums, ein
Mitarbeiter und ein halbes Dutzend freiwilliger Helfer weitere
Brandgräber identifizieren. Darunter befanden sich vier Urnengräber
mit Brand-schuttdeponierung in ca. 0,5 m tiefe kreisförmigen Gruben
mit einem Durchmesser bis zu 1 m betrugen. Die Urne mit Resten
des Leichenbrandes wurde in der Regel zentral deponiert, in einem
Fall im Randbereich der Grabgrube. Die Grabgruben wurden mit Resten
vom Scheiterhaufen, d. h. Holzkohle sowie Leichenbrand und Keramikgefäßen,
die man mit dem Toten verbrannte wieder verfüllt. Primäre Beigaben,
die man neben der Urne dem Toten mitgab, fanden sich bei diesen
Bestattungen nicht. Fragmente von verbrannten Sigillatagefäßen
deuten darauf hin, dass die Gräber Ende des 1. Jh. n. bzw. in
der 1. Hälfte des 2. Jh. n. Chr. angelegt wurden. Zwei weitere
Befunde mit geringen Resten an kalzinierten Knochen weisen auf
weitere Bestattungen hin, sind jedoch nicht eindeutig als solche
verifizierbar. "Die geringe Zahl der Bestattungen sowie der fehlende
Bezug zu einer nahegelegenen römischen Siedlung deuten darauf
hin, dass es sich dabei am ehesten um einen kleinen Bestattungsplatz
eines römischen Gutshofes handelt", erklärt Lauber. Er geht nicht
davon aus, dass der Bestattungsplatz zu der 800 m entfernten römischen
Villa von Laufenburg im Gewann der Oberen Sitt gehört; ein Zusammenhang
mit einem noch nicht entdeckten Gehöft in unmittelbarer Nähe ist
aus seiner Sicht wahrscheinlicher. Wenige Einzelfunde lassen vermuten,
dass sich im nördlichen Teil des Gewanns Birkfeld ein römischer
Gutshof befand. Ist das kleine römische Gräberfeld für sich genommen
nicht als spektakulär ein-zustufen, so ist es doch ein bedeutender
Baustein in unserer archäologischen Karte. Dies gilt um so mehr
für ein Gebiet von Säckingen bis Waldshut in dem, außer einzelnen
Notbergungen, in den letzten 40 Jahren kaum reguläre Ausgra-bungen
mehr stattfanden. Auch zeigen uns diese Funde, dass das rechte
Ufer des Hochrheins mit römischen Einzelgehöften bereits erschlossen
war, lange bevor es zur Gründung der Provinz Germania im Jahre
85 n. Chr. kam. "Der Bau der A 98 gibt uns sozusagen nebenbei
die einmalige Chance, großflä-chiger Untersuchungen um das noch
lückenhafte Mosaik archäologischer Fund-stellen zu vervollständigen.
Wir sollten sie nutzen.", so Lauber.
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