Ravensburg. Seit
Juni 2006 führt die Archäologische Denkmalpflege beim Regierungspräsidium
Tübingen, maßgeblich unterstützt durch die Stadt Ravensburg, neuerliche
Ausgrabungen auf dem Veitsberg durch. Anlass ist das Vorhaben der
Stadt, die Jugendherberge in den ehemaligen Wirtschaftsgebäuden
der Veitsburg neu zu ordnen und um einen Anbau zu erweitern.
Urkundlich erstmals genannt wird die "Ravensburg" - so der ursprüngliche
Name - im Jahr 1088, als Welf IV. dort den Bischof von Augsburg
zwei Jahre lang gefangen hält. Doch muss schon um die Mitte des
11. Jahrhunderts eine Burg bestanden haben, denn 1053 verlegen
die Welfen ihren Sitz von Altdorf, heute Weingarten, auf die Ravensburg.
Die Reduktion der Burganlage auf die Nordspitze des Berges erfolgt
erst im Spätmittelalter.
Erste archäologische Untersuchungen auf der Veitsburg wurden
1980 durchgeführt, auch damals im Zusammenhang mit einer Erweiterung
der Jugendherberge. Dabei gelang der Nachweis, dass der Veitsberg
schon im 10. Jahrhundert befestigt war, wenn auch nur in Holzbauweise.
Überraschenderweise erwies sich der Berg zudem mehrfach in vorgeschichtlicher
Zeit besiedelt: schon in der ausgehenden Jungsteinzeit im 3. vorchristlichen
Jahrtausend und besonders während der frühen Bronzezeit um 1500
v.Chr. Bislang vereinzelte Funde sprechen dafür, dass der Berg
auch zur Spätbronzezeit (um 1000 v.Chr.) und während der frühkeltischen
Hallstattzeit (6. Jh.v.Chr.), vielleicht auch in frührömischer
Zeit Besiedlung trug. Die herausragende, zugleich geschützte und
verkehrgünstige Lage des Berges am Rande des Schussentals zog
zu allen Zeiten die Besiedlung an.
Der Geschichte des Veitsbergs weiter auf den Grund zu gehen,
bietet sich nun die Gelegenheit. Die Ausgrabungen erfolgen im
Vorfeld des Bauprojekts, um den archäologischen Untersuchungen
ausreichend Raum zu geben. In einem Gebiet, das nur wenig von
Bauten und Umgestaltungen des Späten Mittelalters und der Neuzeit
betroffen war, gilt es, der früh- und hochmittelalterlichen Bau-
und Siedlungsgeschichte der "Ravensburg" nachzugehen sowie die
prähistorische Bergbesiedlung näher kennen zu lernen. Neben die
Fragen nach dem Aussehen, der Funktion und der Bedeutung der Besiedlung
tritt die Frage nach der Bauweise der Befestigungsanlagen im Mittelalter
wie auch in vorgeschichtlichen Zeiten.
Die ersten Grabungsergebnisse sind viel versprechend: Mit Pfostengruben
deuten sich Grundrisse von Holzgebäuden an. Zwei in den Untergrund
eingetiefte "Grubenhäuser" dienten wohl der Vorratshaltung oder
als Werkstattgebäude. Sie enthielten mittelalterliches Fundgut
des 11./12. Jahrhunderts. Damit bestätigt sich die Vermutung,
dass sich mittelalterliche "Ravensburg" weit in den südlichen
Bereich des Veitsberg-Plateaus erstreckte. Dies gilt auch für
die vorgeschichtliche Bergbesiedlung, die sich mit reichhaltigen
Siedlungshinterlassenschaften der Frühbronzezeit zu erkennen gibt.
Die archäologischen Ausgrabungen werden bis Jahresende 2006 abgeschlossen
sein.
[RP Tübingen]