20.7.07
„Ohne Zagen und Ermüden“
1925 wurde der „Verein für pfälzische Kirchengeschichte“ gegründet
„Tief ist der Brunnen der Vergangenheit. Sollte
man ihn nicht unergründlich nennen?“ (Th. Mann) Diesen
unergründlichen „Brunnen“ zumindest für das Gebiet der pfälzischen
Landeskirche ein wenig auszuloten, hat sich der „Verein für
pfälzische Kirchengeschichte“ zum Ziel gesetzt. „Er fördert die
Erforschung und Lehre der pfälzischen Kirchengeschichte an Schulen
und Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen“, heißt es in
seiner Satzung. Mit über 600 Personen zählt der Verein mehr
Mitglieder als sein badisches Pendant. Oberkirchenrat i. R. Dr.
Klaus Bümlein, Vorsitzender des Vereins, ist stolz darauf: „Ich
freue mich, dass darunter etwa auch 300 Kirchengemeinden sind. Das
zeigt doch, dass es hier eine hohe Identifikation von
Gemeindebasis mit der Vereinsarbeit gibt. Pfarrer und Lehrer haben
verstanden, dass sich unser Verein immer wieder als
Gesprächspartner für die Erinnerungsarbeit profiliert.“
Der Verein für pfälzische Kirchengeschichte wurde 1925 in Neustadt
an der Weinstraße gegründet. Schon im ersten Jahr gab der Verein
die „Blätter für pfälzische Kirchengeschichte“ heraus und beginnt
mit ermunternden Worten an die Leser: „Gebe jeder, was er zu geben
hat: ohne Verdruss und Ärger, wenn er nicht immer sofort
Anerkennung findet, ohne Zagen und Ermüden, wenn es nur langsam
vorwärts geht.“ Die ersten „Blätter für Pfälzische
Kirchengeschichte“ enthielten unter anderem Beiträge „Zur
Geschichte des Holzlandes und seiner Pfarrhäuser“, zur „Einführung
der Reformation in Kaiserslautern“ und zum Thema „Der Pfarrer im
Dienste der Viehzucht“. Amüsantes Fazit dieses Artikels: Früher
hätten manche Gemeinde lieber auf ihren Pfarrer als auf dessen „Farre“,
den jungen Stier, verzichtet.
Zwischen 1940 und 1949 ruhte die Arbeit des Vereins. Danach
profilierte er sich neu mit der Herausgabe der „Blätter für
pfälzische Kirchengeschichte und religiöse Volkskunde“ sowie mit
der Veranstaltung von wissenschaftlichen Tagungen und Exkursionen.
Als Forschungsschwerpunkte der vergangenen Jahre nennt Bümlein das
pietistische Erbe der Pfalz, das Reformationsjahrhundert und die
Kirchenordnungen der Kurpfalz und von Pfalz-Zweibrücken. Als
besonderer Höhepunkt in den Veröffentlichungen des Vereins gilt
die 2007 vorgelegte Arbeit über die „Glasmalereien der
Protestantischen Landeskirche der Pfalz“ von Anke Sommer.
Auch die Zusammenarbeit mit benachbarten Vereinen wird groß
geschrieben. Für 2008 ist im Bad Herrenalb eine Tagung zum Thema
„Liberale Frömmigkeit – Zur Geschichte der südwestdeutschen
Protestantenvereine im 19. Jahrhundert“ geplant. Gemeinsam mit dem
badischen Verein für Kirchengeschichte begibt man sich auf die
Spuren Richard Rothes und des kirchlichen Liberalismus. Vorträge
über „Liberalismus und Mission“ und „Liberale Gottesdienstpraxis“
stehen auf dem Programm, und Wilhelm Gräb wird die Frage erörtern
„Gibt es das liberale Erbe?“ Wohl herrscht zwischen den
Kirchengeschichtsvereinen der unterschiedlichen Landeskirchen eine
Konkurrenz, aber es ist eine belebende. „Wir wollen Melanchthon
nun einmal nicht nur den Badenern überlassen“, meint Bümlein. Für
2009 ist ein Werk zur ökumenischen Kirchengeschichte des
Oberrheins, gemeinsam mit Badener und Elässern in Aussicht
genommen. 2009 ist auch ein Gedenkjahr Johannes Calvins (geb.
1509) und der Evangelischen Diakonissenanstalt Speyer (gegründet
1859).
„Unser Verein will auch ein Gedächtnis der Wunden pflegen, die die
pfälzische Kirchengeschichte zu verzeichnen hat: Lieselotte von
der Pfalz und die Erbfolgekriege, die Opfer der
spätabsolutistischen Rekonfessionalisierungspolitik, die Traumata
der pfälzischen Geschichte in der Französischen Revolution und in
der Zeit des Nationalsozialismus", unterstreicht Bümlein.
Mit 28 Euro Jahresbeitrag ist man dabei. Studenten und
Studentinnen zahlen nur 10 Euro. Eine konfessionelle Beschränkung
kennt der Verein nicht. Mitglied kann jeder werden, den die
Leidenschaft für die pfälzische Geschichte packt. (lk) |