18.6.07
"Blaue Stunde" - Auf den Spuren des 19. Jahrhunderts
Zu einem festlichen Abend im Schloss lud die Verwaltung der Staatlichen
Schlösser und Gärten am vergangenen Samstagabend ins Residenzschloss
Mannheim. Thema des Abends war das frühe 19. Jahrhundert, die
Zeit also, in der die badische Großherzogin Stéphanie hier Hof
hielt und einen Abglanz kurfürstlicher Residenz nach Mannheim
brachte. Mit von der Partie waren die Gruppe Aqua viva aus Mannheim
und I Danzatori Palatini aus Hockenheim, beides Gruppen, die durch
ihre Darbietungen bereits auf den Barockfesten in Rastatt und
Bruchsal brillierten. Neu im Programm war die Gruppe Nobildanza,
die außer den Tänzen aus Empire und Biedermeier auch geselliges
Beisammensein im Literarischen Salon präsentierte. Nach einer
kurzen Einführung durch Gerhard Wenz und Anneliese Almasan von
der Schlösserverwaltung, als "Hausherren" gewissermaßen, wechselten
sich im 20-Minuten-Rhythmus Musik, Tanz und szenische Darbietung
ab. Agua Viva unter der Leitung von Patricia Roya-Schubert aus
Mannheim überraschte wieder - und diesmal das Mannheimer Publikum
- mit den ganz herausragenden Stimmen der beiden jungen Solosängerinnen. Beide
Tanzgruppen, ebenfalls von Agua viva begleitet, demonstrierten
in gekonnten Darbietungen den Übergang vom höfischen Tanz zu Zweien,
der eigentlich ein Vor-Tanzen vor den Augen des Hof haltenden
Fürsten und der kritischen Hofgesellschaft war, hin zum Gesellschaftstanz
des 19. Jahrhunderts. Der war für die Teilnehmer jener Zeit mit
erheblich mehr Spaß verknüft und wurde nicht mehr (und noch nicht
wieder) im Paar, sondern in der Gruppe, zu sechst, zu acht oder
gar im Kreis getanzt. So auch der Wiener Walzer dieser Zeit. Tänze
unter Einbeziehung des Publikums rundeten die einzelnen Darbietungsblöcke
ab. Susan Richter und Birgit Hiefner-Konietzko, den Kennern der
Szene als Schlossführerinnen zwischen Schwetzingen und Rastatt
bekannt, unterhielten sich in einem "Gespräch über Mode" aus den
Blickwinkeln zweier Hofdamen aus Rokoko und Empire über die "Unmöglichkeit"
der jeweils anderen Mode-Richtung und sprachen auch das Publikum
mit Bemerkungen über denen flache Schuhe oder der nackten Beine
an. Zwischendurch zeigten die "Schlosszauberer" Thomas und Klaus
die Zauber-Unterhaltung des 19. Jahrhunderts. Die Programmteile
wiederholten sich, so dass man als Zuschauer zwischendurch die
Prunkräume der Bel Etage, das Szenische Spiel von "Eyes Witness"
im Treppenhaus oder Sekt und kleine Speisen des Studentenwerks
im Gartensaal genießen konnte und trotzdem das gesamte Programm
mitbekam. Für "Ordnung" sorgte die Gruppe "Badische Truppenteile",
die schon am Nachmittag Exerzieren und Lagerleben vorführte und
am Abend "Wache schob". Der Abend war ein gelungener Einstand
für die Mannheimer Fest-Saison, wie man sie bisher aus Rastatt
oder Bruchsal kennt, und ließ die höfische Welt des 19. Jahrhunderts
hautnah lebendig und erlebbar machen. Dass allerdings, wie angekündigt,
das Schloss zur "Blauen Stunde" in blaues Licht getaucht würde,
war ein Versprechen der Veranstalter, das dann an der Technik
zerschellte. So blieb angesichts der Möglichkeiten nur ein kleines
Spiel mit blauem Licht, das über die Fassaden huschte.
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