24.8.06
Gemeinnützigkeit auf dem "Prüfstand"
Die Empfehlungen
des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen
zur Reform der "abgabenrechtlichen Privilegierung gemeinnütziger
Zwecke" bedeutet eine nicht hinzunehmende Erschwerung der
gemeinnützigen Arbeit.
In seinem
Gutachten zur Reform der "abgabenrechtlichen Privilegierung
gemeinnütziger Zwecke" vom 8. August 2006 kommt der Wissenschaftliche
Beirat beim Bundesministerium der Finanzen zu dem Ergebnis, dass
der Staat angesichts einer erheblichen Verzerrung des Wettbewerbs
durch gemeinnützige Organisationen deren Steuerprivilegien
einer grundsätzlichen Revision unterziehen müsse.
Gemeinnützigkeit,
so das Gutachten, bedeute, dass sog. "Kollektivgüter"
bereitgestellt werden, die von der Allgemeinheit genutzt werden
und bei denen eine verstärkte Nutzung auch keine zusätzlichen
Kosten verursacht. Konkret: "Die Grundlagenforschung,
die Pflege des kulturellen Erbes sowie Mildtätigkeit in einem
eng verstandenen Sinne liefern klassische Beispiele solcher Kollektivgüter."
Solche "Kollektivgüter"
bereitzustellen sei oiginär Aufgabe des Staates. Steuerliche
Vergünstigungen resultierten dann aus "der Einsicht,
dass ohne jede staatliche Förderung Kollektivgüter privat nicht
in ausreichendem Umfang bereitgestellt würden."
Im Weiteren
kommt der Beirat jedoch zu der Erkenntnis, dass weite Bereiche
der steuerlichen Förderung Gebiete betreffen, in denen zwar
selbstlos gehandelt wird. Ihr Nutzen kommt nicht der Allgemeinheit
zu Gute kommt, sondern der Kreis der Personen, die von der gemeinnützigen
Tätigkeit profitieren, ist räumlich oder beruflich begrenzt.
Die Forderungen
des Beirats laufen darauf hinaus, dass "eine reformierte
Abgabenordnung deshalb strikt zwischen der staatlichen Anerkennung
einer gemeinnützigen Tätigkeit und dem Vorliegen eines steuerbegünstigten
Zwecks wegen Gemeinnützigkeit trennen und nur Letzteres regeln"
sollte. Die Anerkennung eines Non-Profit-Status würde
damit nicht automatisch Steuervergünstigungen mit sich bringen,
sondern nur eine Würdigung der besonderen Qualität der
geleisteten Arbeit bedeuten und zu einem Kriterium für andere
Vergünstigungen werden. Besonders sollte dies nur kommunal
oder eng regional begrenzte Organisationen treffen, da die Verknüpfung
von lokaler Arbeit mit bundes- oder landessteuerlicher Privilegierung
nicht begründbar sei.
Unter den
auch weiterhin als steuerbegünstigt anzuerkennenden Bereichen
wird dann zwar ausdrücklich die Pflege des kulturellen Erbes
genannt, aber der weitere Forderungskatalog enthält eine
drastische Neuformulierung des Spendenrechts: Aus der staatlichen
Förderung über Steuervergünstigungen sollten sowohl
die Mitgliedsbeiträge als auch sog. Aufwandsspenden gestrichen
werden.
Unser Kommentar
Den Beirat
hat das Problem bewegt, dass unter dem Begriff der Gemeinnützigkeit
vieles mitsegelt, was den freien Wettbewerb der Dienstleister
verzerrt. Immerhin anzuerkennen ist, dass die Förderung des
kulturellen Erbes so ausdrücklich genannt wird; bedenklich
ist aber, dass der Staat für sich ein primäre Verantwortung
in Anspruch nimmt. Gemeinnützigkeit wird unter anderem so
definiert, "dass der Staat bei der Wahrnehmung von Aufgaben
entlastet wird, die in seine Verantwortung fallen".
Da kann man
nur sagen "Ja, lieber Staat, dann mach mal! Aber mach es
so gut und so unpolitisch und so unparteilich wie wir!"
Der Beirat
vergisst anscheinend, dass Mitgliedsbeiträge um so bereitwilliger
fließen, je deutlicher damit die Steuerbelastung, die nicht
nur subjektiv ohenhin als zu hoch empfunden wird, sinkt. Er vergisst
auch, dass ohne Aufwandsspenden eine effiziente Kulturarbeit gar
nicht zu leisten ist. Aufwandsspenden heißt nun einmal,
dass ERST ein Aufwand in Euro und Cent geleistet wird und dass
DANN ein Bruchteil davon über eine Spendenbescheinigung steuerlich
wieder geltend gemacht wird.
Im Endeffekt
also doch eine Erschwernis der Arbeit, wenn nicht gar die Kulturarbeit
an den Rand der finanziellen Möglichkeiten gebracht wird.
Das ganze
erinnert fatal an Eichels Kahlschlagpläne vor ein paar Jahren,
als er in sozialistischer Geldeinnehmer-Manier die Gemeinnützigkeit
ganz streichen wollte.
>> Das
ganze Gutachten gibts beim BMF
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