20.8.07
Von
Bauwut und Sparsamkeit
Bau- und Restaurierungsgeschichte
gleichermaßen vermittelte eine Sonderführung der Staatlichen
Schlösser und Gärten am vergangenen Sonntag in der Schlossanlage
der Bischöfe von Speyer in Bruchsal. Sandra Eberle führte eine
kleine interessierte Gruppe durch fast 300 Jahre
Schlossgeschichte, beginnend mit der Grundsteinlegung 1722, über
den „Mezzaninkonflikt“ im Corps de Logis, die Ausstattung des
Schlosses im Stil Ludwigs XVI., die badische Zeit, die
Restaurierungen am Ende des 19. und in der ersten Hälfte des 20.
Jahrhunderts, den Wiederaufbau des zerstörten Schlosses nach 1945
bis hin zu den ersten Planungen in unseren Tagen, die fürstlichen
Appartements wieder als Raumfolge herzustellen.
Einen interessanten Einblick gab Sandra Eberle,
die ihre Ausführungen im übrigen immer wieder mit alten Fotografien
illustrierte, zu Anfang im Gartensaal gleichermaßen in die Ausstattungs-
und Restaurierungsgeschichte. Hier zeigt sich, wie an vielen anderen
Stellen am und im Schloss, wie die Mode der Zeit mit sparsamsten
Mitteln verwirklicht wurde: Statt teurer Marmor- und Stuck-Dekoration
beschränkte sich der bischöfliche Bauherr darauf, Architektur
und Stuck durch Freskomalerei vorzutäuschen.
Im Gartensaal ist außerdem die obere
Gewölbepartie nur mit rohem Putz geschlossen, als Zeichen für die
Zerstörung in den letzten Kriegstagen des 2. Weltkriegs. Im
Bereich darunter sind die originalen Vorzeichnungen des
Freskomalers Johann Franz Marchini erhalten, die zum Vorschein
kamen, als der Putz abbrach.
Fachkundig erläuterte Frau Eberle den
„Mezzaninkonflikt“, der entstand, als der bischöfliche Bauherr
sich entschloss, nach italienischer Manier ein Mezzaningeschoss
zwischen Erdgeschoss und Bel Etage einzufügen – ungeachtet der
Tatsache, dass das ursprünglich geplante Treppenhaus dann nicht
mehr passte. Eine Lösung hatte der Würzburger Architekt Balthasar
Neumann mit dem dann 1730 ausgeführten ovalen Treppenhaus parat.
In Fürstensaal, im Marmorsaal, schließlich
im sonst nur zu Konzerten zugänglichen Kammermusiksaal erhielten
die Zuhörer detaillierte Informationen zum Barockbau. Ein Nebenraum,
der ehemalige „Gelbe Salon“ zeigt die ersten Ansätze zur Rekonstruktion
der Bel Etage. Vor der Kanzlei, am Amalienbrunnen, wurde die Führung
dann mit den Ausführungen zum Schloss im 19. Jahrhundert fortgesetzt,
bis sie im Garten an der Schauseite der ehemaligen Orangerie mit
einer Erläuterung der dort gemalten Figuren endete.
Auch wenn Baugeschichte naturgemäß ein eher
trockenes Thema ist, verstand Frau Eberle es, ihre Informationen
den Zuhörern spannend und abwechslungsreich nahe zu bringen.
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