Ein umfangreiches Werk legt Gernot G. Lorsong mit seinem Abriß der
Ladenburger Geschichte vor: Er behandelt die Geschehnisse in und mit der
Stadt von den Zeiten der Jungsteinzeit, als die ersten Bauern der Rössener
Kultur hier in der fruchtbaren Landschaft des Neckarschwemmkegels ihre Spuren
hinterließen, bis zur Gegenwart, als 1993 Altbürgermeister Reinhold
Schulz die Ehrenbürgerrechte der Stadt verliehen bekam.
Das ist gewiß ein großes Unterfangen, noch größer,
wenn man bedenkt, daß zwischen der einen Blütezeit der Stadt
während des römischen Kaiserreiches und der anderen Blütezeit
im 20. Jahrhundert einige Zeit verstreichen mußte, die vielleicht
archäologischen, aber kaum schriftlichen Niederschlag hinterließ.
Lorsong meistert die Hürde, indem er alle Notizen aus Ladenburg und
um Ladenburg zusammenstellt und in den geschichtlichen Zusammenhang einbettet.
Streng genommen reicht aber der geschichtliche Abriß nur bis 1914,
denn was darauf folgt, ist eine Geschichte der Wiederentdeckung der Stadt,
die sich nach 1948 vor allem mit dem Namen von Dr. Berndmark Heukemes verbindet
- dem der Verfasser nach eigenem Bekunden auch tiefen Dank für
fortwährenden lehrreichen Kontakt schuldet.
So weit, so gut. Lorsong bemüht sich, Ladenburg in den Zusammenhang
der kleinen und großen Politik, von den Merowingerkönigen und
den Salierkaisern über die Rheinischen Pfalzgrafen und die Bischöfe
von Worms bis zu den Kurfürsten und badischen Großherzögen
zu stellen. Das lesbar zu gestalten ist keine leichte Aufgabe. Dennoch muß
der Rezensent hier einige Kritikpunkte anbringen:
In der römischen Kaiserzeit bedeutet Civitas nicht die Stadt mit
städtischen Selbstverwaltungsrechten, sondern die Gebietskörperschaft.
Ladenburg war Vorort der Civitas der Neckarsueben, allerdings ohne selbst
den Rang eines municipium zu haben. Auch der Abriß der Reichsgeschichte
von den Saliern über Lothar von Süpplinburg zu den Staufern kann
einer genaueren Betrachtung nicht standhalten. Und den Erbgang der
Pfalzgrafschaft von den Welfen zu den Wittelsbachern mit dem Sieg Friedrichs
II. 1214 in Verbindung zu bringen, kann auch nicht ganz angehen.
Schließlich aber zeigt sich Lorsong auch großzügig mit der
Abfolge von Ursche und Wirkung: Als 1240 der Ritter vom Stein den Ladenburgern
40 Pferde von der Weide stahl, bleibt die Frage der Genugtuung für den
Chronisten offen."Allerdings", so Lorsong, "war er 30 Jahre
später verschwunden ". Ob die Ladenburger seinen Tod im hohen Alter
auch als Genugtuung empfanden? Genug der Einzelheiten, die Liste fortzusetzen
wäre leicht möglich, ob es jetzt die "unwürdige" Haltung
des Merowingerkönigs Dagobert betrifft oder die Kurfürsten-Stellung
der Pfalz. Nur eines noch: Die Zeit von 1803 und 1918 ist keineswegs die
"kurbadische Zeit", wie die Kapitelüberschrift verheißt,
"Kurbaden" war Baden lediglich von 1803 bis 1806.
Dennoch ist es Lorsong gelungen, die wesentlichen Bauwerke der Stadt - die
er im Anhang auch alle einzeln auflistet - in ihren geschichtlichen Zusammenhang
zu stellen. Wer sich an solchen Ungenauigkeiten nicht stört, sondern
den großen historischen Abriß sucht, für den mag das Buch
ein Gewinn sein.Vielleicht hätte einem Nicht-Alt-Ladenburger, an den
sich das Buch ja ausdrücklich wendet, auch einem dezidierten Freund
der Stadt ab und zu eine Planskizze oder eine Zeichnung weitergeholfen, das
eine oder andere Detail zu identifizieren.
Gernot G. Lorsong: Ladenburg. Von den Steinzeitjägern bis
heute (INFO-Reihe Dokumente zur Geschichte 11). Karlsruhe:
INFO-Verlagsgesellschaft, 1994. ISBN 3-88190-180-9
Zum nächsten Titel über Ladenburg:
Ortskernatlas
Von den Steinzeitjägern bis heute
Gernot G. Lorsong: Ladenburg