Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen


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Der Rheinfall - Darstellungen des Kataraktes zwischen Romantisierung und Dramatisierung
2003/2004

 

Rheinfall. (c) Museum llerheiligen SchaffhausenDem Rheinfall, dem bedeutendsten Wahrzeichen Schaffhausens, wird im Museum zu Allerheiligen wieder einmal die Reverenz erwiesen. Gelegenheit dazu bestand bisher meist im Zusammenhang mit Werken der Bleulerschen Malschule, die in Feuerthalen und auf Schloss Laufen zwischen 1780 und 1870 entstanden. Die Kleinmeister galten als "Lieferanten" von Landschaftsansichten vor der Postkarte und der Fotografie. Unter der Ägide von Vater Johann Heinrich, Sohn Johann Ludwig (Louis) und dessen Frau Antoinette Bleuler, kam es zu einer erfolgreichen Vermarktung des Rheinfalls, aber auch der Rheinansichten von der Quelle bis zur Mündung. Die neu zusammengestellte Kabinettausstellung beschränkt sich in drei Räumen auf das Motiv des Rheinfalls und zeigt diesen in Ansichten aus dem 16. bis ins 21. Jahrhundert. Die Werke illustrieren, wie diesem Naturschauspiel eine permanente Aufmerksamkeit zuteil wurde, wenn auch unter ganz unterschiedlichen Gesichtspunkten.

Seit dem Mittelalter ist der gewaltigste Wasserfall Zentraleuropas in zahlreichen Publikationen immer wieder beschrieben worden. Die Fülle an überlieferten Abbildungen des Naturphänomens beginnt aber erst im 16. Jahrhundert. Die früheste bekannte Darstellung stammt aus dem Jahr 1544 und findet sich in Sebastian Münsters Cosmographia (Basel 1544). Sie zeigt lediglich die Felsen und die gigantisch in die Tiefe hinabstürzenden Wassermassen (Vitrine). Im Text zu Münsters knapper Darstellung erfahren wir, dass es "ein grausam ding zuo sehen ist und dass do kein schiff abher kommen mag, änderst zerfiel es in tausend stuck".

Hier kommen zwei negative Aspekte zum Ausdruck: der Rheinfall als Hindernis für die Schifffahrt und das Schreckliche, Beängstigende, ja Absonderliche des Kataraktes, ähnlich wie es auch im späten 18. Jahrhundert wieder der Fall sein wird. Ein Naturereignis, dessen Betrachtung Empfindungen zwischen Grauen und geheimer Lust hervorruft, wie die Alpen, schaurig und schön zugleich. Die zweite Darstellung aus dem 16. Jahrhundert stammt aus der Schweizerchronik des Johannes Stumpf (1548). Hier wird der Rheinfall bereits in die Umgebung eingebettet bzw. von den von Menschen gestalteten Bauten eingerahmt: links sind es die Eisenwerke, rechts sind es das Schloss Laufen und das Schlösschen Wörth (Vitrine). Und Matthias Merians Kupferstich von 1642 schliesslich geht noch weiter und zeigt Boote und Handeltreibende am Fusse des Rheinfalles. Diese beiden Bilder verweisen bereits auch auf den praktischen Nutzen der gewaltigen Wassermengen für die an den Flanken des Rheinfalles angesiedelten Mühlen.

Die erste wirkliche Blütezeit der Bewunderung des Kataraktes fällt aber er erst in die Zeit zwischen 1750 und 1850, dem Aufschwung des Schweizer Reisetourismus. Dahinter stand die Aufklärung, die Europa für die Schweiz begeisterte. Wegbereiter für die umfassende Bewegung der Naturbegeisterung wiederum waren Geistesgrössen wie Rousseau, Klopstock, Goethe, Lavater und Byron. Angesichts der tosenden Naturgewalt verspürten die meisten Besucher vergleichbare Empfindungen, wie sie gerade auch im Anblick des Hochgebirges ausgedrückt wurden: Erstaunen, Schrecken und Bewunderung, ein Gefühl des Erhabenen und Lobpreisungen des Schöpfers. Zitat Klopstock: "Hier im Angesichte des grossen Rheinfalles, in dem Getöse seines mächtigen Brausens, auf einer holdseligen Höhe im Grase gestreckt, hier grüsse ich Euch, nahe und ferne Freunde ....O! dass ich Alle, die ich liebe, hier versammeln könnte, mit ihnen eines solchen Werkes der Natur recht zu geniessen! Hier möchte ich mein Leben zubringen und an dieser Stelle sterben, so schön ist sie."

Reisen gehörte zu den höheren Zwecken der Bildung und des Vergnügens, waren jedoch nur einer dünnen Oberschicht vorbehalten. Im 18. Jahrhundert aber kam es zu einer gewissen Breitenwirkung, welche auch die wohlhabenden Bürger miteinschloss. Damit steigerte sich auch die Nachfrage nach den Veduten, die den Rheinfall nun in allen Schattierung von erhaben über wild, romantisch, lieblich, phantastisch, realistisch, abstrakt bis banal festhielten.

Die Ausstellung ermöglicht einen guten Überblick über fast alle Darstellungs- und Spielarten im Umgang mit dem Rheinfall und seiner Umgebung. Schwerpunkte bilden Blätter aus dem 19. Jh. von der Hand von William Turner, Vater und Sohn Heinrich und Johann Ludwig (Louis) Bleuler, Emanuel Labhardt, Rudolf Weinmann und als einziger Frau von Nanette Bleuler. Das 20. Jh.und 21. Jh. ist vertreten mit Arbeiten von Viktor Surbek, Josef Gnädinger, Erwin Gloor, Daniela Keiser und Cecil Wick.

H.v.R./ Museum Allerheiligen

Zur Ausstellung erscheint kein Katalog.

Siehe aber: Ausst.-Kat. Werner Rutishauser, Die Bleuler und der Rhein. Von majestätischen Gletschern, tosenden Katarakten und schauerlichen Burgen. Museum zu Allerheiligen Schaffhausen/Sturzenegger-Stiftung, Schaffhausen 1997

     

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