Rezensionen

Heim, Alfred Th.: „G’sait ischt g’sait und dau ischt dau“ – Anekdoten und Schwänke aus der Gegend um Meßkirch und der schwäbischen Nachbarschaft. Gmeiner-Verlag Meßkirch, 1. Aufl. 2003. 62 Seiten, ISBN 3-89977-200-8, 9,90 €.

Die Sprache ist das Sinnesinstrument, welches den Menschen vom Tier unterscheidet. Der Dialekt ist das untrügliche Zeichen von Zusammengehörigkeit, er schützt seine Träger auch vor allzu zudringlichen Fremden. Hoch hält Alfred Th. Heim aus Meßkirch den heimatlichen Dialekt in seinem im Gmeiner-Verlag Meßkirch erschienenen Buch: „G’sait ischt g’sait und dau ischt dau“.

In dieser Veröffentlichung mit gesammelten Anekdoten und Schwänken aus der Gegend von Meßkirch und der schwäbischen Nachbarschaft hat sich Heim sein eigenes Denkmal gesetzt. Es ruht auf aus dem Volk hervorgegangenen sprachlichen Kuriositäten, nichts wirkt angedichtet. Es wird Köstliches wie Groteskes, Erheiterndes, Hintersinniges bis zur krachenden, konsequenzenlosen Beleidigung geboten. Der Stammtisch in Stadt und Land, einst Örtlichkeit sämtlicher trinkfester Stände, ist einer der sprudelnden Quellflüsse hin zu unsteuerbaren Situationen.

Um allein den Titel zu verstehen, muss sich der Leser gleich zwei Paar – hochdeutsche – Stiefel anziehen. „Gesagt ist gesagt“, was noch lange nicht heißt „getan ist getan“. So muss auf Schriftdeutsch der Titel gelesen werden. Der das Buch aufschlagende hochdeutsch sprechende Leser wird sich beim Lesen einigermaßen schwer tun und nach den ersten Übungen in zungenbrecherisches Unverständnis über das in Buchform gegossene Meßkircherisch fallen. Die Idee, Anekdoten und Schwänke aus dem heimatlichen Bereich niederzuschreiben und sie so der Nachwelt zu erhalten, entstand dem Vorwort nach im geselligen Freundes- und Bekanntenkreis.

„Schreib es auf, bevor alles vergessen wird“, diese immer wieder geäußerte Ermunterung hat den Autor dazu bewogen, eine Auswahl alter Erzählungen in Mundart niederzuschreiben. So gesehen gehört die vom Alemannischen und vom Schwäbischen gleichermaßen befruchtete Meßkircher Mundart eigentlich auf die rote Liste der gefährdeten Sprachen und Dialekte gesetzt. Meßkirch war Amtsstadt, hatte ein Krankenhaus. Ein Kranz von Landgemeinden bezog sich auf die Stadt. Ärzte sicherten die Gesundheit von Stadt und weitem Umland. Darüber hinaus bot Meßkirch alles zum Leben, war Einkaufsstadt mit allein 60 Geschäften und Wirtschaften, hier wirkten alle Handwerke. Meßkirch war eine Stadt fürs Leben. Stadt, Dorf, Welt. An diesem Punkt trafen selbstbewusste Dörfler auf die nicht weniger selbstbewussten Kleinstädter, vermischten sich zu einer Einheit. Bei allen Eigenheiten war die Voraussetzung vom gemeinsamen sich Verstehen die Sprache, ausgedrückt im Dialekt.

Die gelungensten Schwänke spielen in der Vorkriegszeit und in der noch jungen Bundesrepublik und dürften Jung und Alt ergötzen. Geschichten geschrieben haben echte und ein falscher Landrat; einer, der auf dem Fuhrwerk eines ihn mitnehmenden Bauern saß, ließ lieber schlechte Worte still über sich ergehen, als dass er sich wehrte, um deswegen vielleicht vom Fuhrwerk verwiesen zu werden. Ein anderer „hoher Herr“, erfährt wegen beleidigten Herunterschauens nur Hohn und Spott. Die treffen auch so manchen Politiker, Pfarrer und Polizisten, Badener, Württemberger und Preußen.

Einen respektablen Ehrenplatz mit mehreren Auftritten hat Heim dem respektlosen Bruder Fritz, vom „oigene weltberihmte Brueder“ Martin Heidegger, eingerichtet. Bei den Geschichten aus der Nachbarschaft glaubt man den Autor heraustreten zu sehen, als wären sie ein Teil seiner Biographie. In den ergötzlichen Kirchenvorkommnissen, wie „Die Trunkenheit am Rauchfass“, zeigt sich der einstige Ministrant Heim altarfest, genauso wie in den Beschreibungen über das Leben im Konvikt.

Verschwunden von der Bildfläche sind die bekannten wie unbekannten Gestalten, die Originale, die kantigen, die bös- wie gutartigen Gesichter und die Standhaften, die Handwerker, die Bauern. Sie alle haben das Leben von Meßkirch auf wortreiche Art geprägt.

Der frühere Lokaljournalist Heim hat ihnen mit seinem Buch unvergänglichen Raum geschaffen. In der disziplinierten Konsensgesellschaft unserer Tage würde man diese Menschen wohl nicht mehr finden. Wegen ihrer entwaffnenden, manchmal schwierigen Art würden manche sie wohl als roh und gefühllos beschreiben. Mit dem kleinen, 62 Seiten starken Band mit 45 Lesegeschichten voller Leben ist Heim ein originelles und talentvolles wie seltenes Sprachwerk gelungen. Es wird seine Leser in der Gegend um Meßkirch finden.

Falko Hahn

3/2005
   

siehe auch:

zurück:

Startseite Surfin' Süden | Startseite Badische Heimat | Rezensionen | Register | Impressum | zur ZUM | © Badische Heimat 2005