Rezensionen

 

Doris Huggel: Johann Jakob Fechter (1717 - 1797), Ingenieur in Basel. Verlag Josef Fink, Lindenberg 2004. ISBN 3-89870-147-6.

Diese Studie hat die Universität Basel als Dissertation angenommen; zusätzlich bringt diese Edition eine reiche Bebilderung, eine Zeittafel und ein gut brauchbares Register zum Thema Fechter. Fechter gilt - neben Samuel Werenfels - als "zweite Säule" der Basler Baugeschichte im 18. Jahrhundert. Basel seine Heimatstadt, blieb sein Lebensmittelpunkt, er gründete freilich keine Familie. Sowohl privat wie im staatlichen Bauwesen sind viele Aufträge des Bauingenieurs ausgeführt worden (in diesem Band ausführlich besprochen), vor allem war Fechter auch Kirchenbaumeister, auch im badischen Ausland, in Stetten, Wehr, Lörrach, Hauingen.

Das Sickingen-Schloss in Ebnet
Freiherr Ferdinand Sebastian von Sickingen zu Hohenberg (1715-1772) fand für seinen Schlossbau in Ebnet-Freiburg in J.J. Fechter, der gerade in Basel mit der "Sandgrube" ein erstklassiges Haus erstellt hatte, den idealen Planer: "Der aus vier Teilen zusammengesetzte Baukomplex, bestehend aus dem Pförtnerhaus, dem gegenüberliegenden Wirtschaftsgebäude, der Kapelle und dem Hauptgebäude, gruppiert sich um einen geräumigen Hof zum Typus des Hotel entre Cour et Jardin. Am Ende des Gartens liegen die unverzichtbaren Ställe, Remisen und Scheunen". Als Baumeister nennt Doris Huggel den Oberallgäuer aus Altstätten Simon Schratt (1714-1781); Christian Wen(t)zinger (1710-1797) in Ehrenstetten geborener Wahlfreiburger, dekorierte als Skulpteur mit Steinmetz-, Terrakotta- und Stuckarbeiten; Benedikt Gambs aus dem Westallgäu (circa 1703-1751) malte die Deckenbilder im Gartensaal und in vier weiteren Räumen; nach dem frühen Tod von Gambs schuf Johann Pfunner (circa 1713/16- 1788), ein aus Tirol stammender Neubürger Freiburgs, das Deckengemälde im Treppenhaus.

Bild I. Ebneter Schloss-Areal

Was den Anteil Wen(t)zingers an der baulichen Substanz Ebnets betrifft, meint Doris Huggel, Ingeborg Krummer-Schroth, die 1987 Johann Christian Wentzinger (sic!), dem Bildhauer, Maler und Architekten ein großartiges Werk widmete, korrigieren zu müssen; sie habe ihm einen "zu großen Anteil an Ebnet" zugeschrieben.
Der Ebneter Bauherr von Sickingen war für eine gute Karriere bestens vorbereitet: Bildungsreisen, Universitätsstudien, Praktikum am Reichskammergericht in Wetzlar, Ernennung (1737) durch den Kaiser zum vorderösterreichischen "Regimentsrat". 1738 übergab ihm der Vater die Familiengüter und die Herrschaft "auf dem Wald", im Hochschwarzwald - und im selben Jahr wurde Ferdinand Sebastian zum Breisgauer Ritterschaftspräsidenten gewählt und von Kaiser Karl VI. darin bestätigt. Durch seine Heirat mit Maria Anna Sophia von Greiffenclau zu Vollrath kam Sickingen in höchste gesellschaftliche Kreise, ein glanzvoller Aufstieg der Ebneter Familie. Dies hatte natürlich Folgen, "man" brauchte doch einen repräsentativen Wohnsitz. "Ursprünglich als Wasserburg beziehungsweise Weiherschloss errichtet, wurde der Sickingensche Besitz 1696 zu einem bescheidenen Landhaus umgestaltet" - jetzt war eine solche Unterkunft nicht mehr passend!


Bild II. Ebnet 1730, Altarbild in St. Hilarius von F.B. Altenberger

Im Frühjahr 1748 begann Baumeister Schratt mit ersten Arbeiten; Doris Huggel dokumentiert ausgezeichnet, wie sich diese "wohlüberlegte und geglückte Raumkomposition" in der Regie von J.J. Fechter realisierte und wie die Bauherrschaft noch während der Bauarbeiten Änderungen architektonischer und dekorativer Art durchsetzte. Vor allem war es Frau von Sickingen, die bei ihren Besuchen beim Fürstbischof von Würzburg, ihrem Bruder, manche Anregung mitbrachte. "Fechter scheint in jeder Beziehung überzeugt zu haben", schreibt Doris Huggel abschließend.

Das Sickingen-Palais in der Salzstraße und das "Haus zum Ritter"

Bild III. Sickingen-Palais in der Salzstraße

Neben dem Schlossbau in Ebnet trat Sickingen als Bauherr wieder in Erscheinung bei seinem großen Stadtpalais in der Salzstraße 21 in Freiburg. Für diesen frühklassizistischen Monumentalbau gewann er den Franzosen Michel d` Ixnard (1723-1795) als Architekten; er hatte sich bestens ausgewiesen durch den Bau der gewaltigen Kuppelkirche von St. Blasien. Aber auch bei einem weiteren Bau in Freiburg ist - so der Nachweis von Doris Huggel - Fechters "Autorschaft indessen nicht anzuzweifeln", beim "Haus zum Ritter" am Münsterplatz. 1756 wurde das Palais durch J.J. Fechter erbaut für die "Breisgauische Ritterschaft", deren Präsident Ferdinand Sebastian von Sickingen war; 1766 wurde es unter dem neuen Namen "Ständisches Landhaus" an die Landstände verkauft, aber mit dem Übergang des Breisgaus an Baden hatten "die Stände" (Prälaten, Ritter, 13 Städte) ihre Rolle eingebüßt. Das "Landhaus" wurde zunächst großherzogliches Hofgericht, ab 1832 war es das Palais des Erzbischofs - bis zur Bombennacht des 27. November 1944; das "Haus zum Ritter" brannte völlig aus. Der Wiederaufbau (ganz originalgetreu die Fassade) erfolgte 1953, aber das Haus wurde nicht mehr genutzt als Wohnsitz des Erzbischofs, dient nun Verwaltungszwecken, Veranstaltungen aller Art, vor allem der Domsingschule.

Munzingen - "barockisiert" durch Fechter
Auch Munzingen gehört inzwischen zu Freiburg, also auch das Schloss, das der Statthalter der vorderösterreichischen Lande, Johann Friedrich von Kageneck (1633-1705), erbauen ließ (1672). In der Folgezeit erlebte die Region um Freiburg viele Kriege und Umwälzungen. Der Enkel des Schlosserbauers, Johann Friedrich Reichsgraf von Kageneck (1707-1783) musste mit seiner Frau geborene Baronesse von und zu Andlau kriegsbedingt ins Exil nach Arlesheim auf Basler Territorium; erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts kamen sie wieder zurück in ihr Munzingen, das im Krieg beschädigt und nun renovierungsbedürftig war. Natürlich ärgerlich und kostspielig - aber auch eine Chance, moderner zu sanieren, zu barockisieren. Aber "die Modernisierung von Schloss Munzingen basierte ganz auf der Beibehaltung des bestehenden Baukörpers". Mit verschiedenen Maßnahmen wurde "dem mächtigen Baukörper etwas Leichteres oder Verspielteres" gegeben, vor allem auch im Innern. Aber wer hat diese Arbeiten betreut?
Doris Huggel liefert gute Hinweise und Argumente, dass dies wohl J.J. Fechter gewesen ist: Die Kagenecks und die Sickingen seien sich politisch und privat einig gewesen; eine Empfehlung Fechters durch Sickingen wäre also selbstverständlich gewesen. Vor allem aber sind es Details in der Baugestaltung, die die gleiche Handschrift in Ebnet wie in Munzingen erkennen lassen, die schöpferische Kraft J.J. Fechters, seine große künstlerische und technische Begabung.
Insgesamt eine umfassende, gut informative Darstellung zu Leben und Werk J.J. Fechters

Adolf Schmid

4/2004
   

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