Rezensionen

 

Hanspeter Rings: Mannheim, auf Kurs. Hafen- und Schifffahrtsgeschichte der Stadt an Rhein und Neckar. Kleine Schriftenreihe des Stadtarchivs, Mannheim Nr. 20. Verlagsbüro v. Brandt, Mannheim 2003, 198 S. 20,- Euro

Innerhalb der verdienstvollen "Kleinen Schriftenreihe" hat ein Experte sich eines der Kernstücke Mannheims, des Hafens angenommen, Impulsgeber für die Stadtentwicklung bis in unsere Tage. H. Rings kann da den Bogen von der Römer/eit her schlagen, als Cäsar bereits von den germanischen Wasserfahrzeugen, ausgehöhlten Einbäumen, berichtete. Seit Pippins Zeiten lichtet sich der Nebel über der Geschichte des Dorfes Mannheim, das dann im 17. Jahrhundert als Stadt an zwei Flüssen an Bedeutung gewann. Eine Schifffahrtsgeschichte ist eigentlich eine trockene Faktenaufzählung, z. T. technischer Natur. Der Verf. versteht es aber, diese Fakten mit der gesellschaftlichen Entwicklung zu verflechten, so dass immer wieder Sektoren der politischen, kulturellen, sozialen Wirklichkeit in diese Schifffahrtsgeschichte hineinreichen.
Bis ins 20. Jahrhundert war der Fluss als Verkehrsweg ein wichtiger Mittler zwischen Städten und Regionen und erfuhr mit der neuen "Eisenzeit" Ende des 19. Jahrhunderts einen außerordentlichen Aufschwung. Dazwischen liegen die Berichte von der Flößerei, der Mannheimer Schifferzunftordnung 1730, dem Stapelrecht unter den Kurfürsten, den Einblicken in das Leben einer Schifferfamilie, der Entwicklung zum ersten Freihafen der Anlegestellen bis zum Bau des ersten Hafenbeckens 1840, der wichtigen Rheinschifffahrtsakte 1868, die die letzten Hemmnisse einer freien Rheinschifffahrt beseitigte und zum Siegeszug der Dampfmaschine wieder Gründung der "Mannheimer Dampfschleppschifffahrts-Gesellschaft". Eindrucksvoll ist für den heutigen Leser die Bureauord-nung der "Rhein- und See-Spedition" von 1880 mit einer Dienstzeit von morgens 6 bis abends 6 Uhr bei einer mittäglich halben Stunde zur "schweigenden Nahrungsaufnahme". Im Winter hatte jeder Angestellte vier, Pfund Kohle mitzubringen, denn das Tragen von "Übermänteln" war verboten. Solche und ähnliche Passagen von Schiffs- und Hafeneinweihungen, Künstlerbesuchen am Hafen bis zu den Restriktionen durch die französische Besatzungsmacht 1923 beleben diesen Längsschnitt durch eine städtische Geschichte.
Das Stadtarchiv organisiert z. Zt. historische Bootsfahrten, um Mannheimern wie Besuchern den Stellenwert dieses Hafens vor Augen zu führen. So wird auch im Schlußkapitel "Heute und ein Blick voraus" auf die Bemühungen um ein "Wohnen am Wasser" nach dem Vorbild der Hamburger Speicherstadt eingegangen, wodurch man "das städtische Leben mit dem Hafen wieder stärker verschränken" will. Dabei darf freilich nicht unterschätzt werden, "wie sich das über Jahrzehnte gewachsene typische Sozialprofil in Hafennähe nur zäh und längerfristig wird wandeln lassen".
Aber nicht nur die Mannheimer lädt diese Schrift zu Entdeckungsreisen ein, in diesen Hafen mit heute 54 km Uferlänge, 1131 Hektar groß, ein Areal, in das die Innenstadt bequem hineinpaßt. Besonders ein drucksvoll neben dem flüssig geschriebenen Text ist die große Zahl von Abbildungen, die die historische und aktuelle Situation widerspiegeln samt einiger Karten, die die Orientierung erleichtern. In der Schriftenreihe ist diese Publikation ein Glanzstück und dürfte mit seinem wissenschaftlichem Apparat von Anmerkungen, Literatur, Zeittafel, eingeschlossenen Exkursen beispielhaft für ähnliche Veröffentlichungen sein.

Leonhard Müller

2/2004
   

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