Rezensionen

 

Gut Licht! Fotografie in Baden 1840-1930. G. Braun Buchverlag, Karlsruhe. ISBN 3-7650-3-2

Eine reichhaltige Ausstellung mit rund 300 Photographien und 100 phototechnischen Objekten bot -nach dem Auftakt im Karlsruher Schloss - das Freiburger Augustinermuseum. Elisabeth Haug hat die Regionalgeschichte der Photokunst Badens in wichtigen Dokumenten und einzigartigen künstlerischen Schöpfungen zusammengestellt und so bedeutsame Quellen erschlossen, u. a. auch die Photosammlung der großherzoglichen Familie, sie wurde als Ganzes für das Generallandesarchiv erworben, ist also "für Baden gerettet" - eine Sammlung von europäischem Rang.
Diese Ausstellung machte sich das Motto der frühen Berufs- und Amateurphotographen zu eigen: "Gut Licht!" Die Präsentation begann mit Daguerrotypien von Trutpert Schneider & Söhne um 1840 und endete mit Kunstphotographischen Bromölumdrucken aus den 1920er-Jahren, z. B. von Julie Bauer. Der Bogen spannte sich von kleinen Visitenkartenphotos bis zu Vergrößerungen in 2/3 Lebensgröße, vom Hochzeits photo bis zum Unternehmerportrait, vom fleißigen Wanderlichtbildner bis zum wohlbestallten Hofphoto graphen. Vertreten waren Architekturstudien von Georg Maria Eckert und Farbaufnahmen ("Auto- chrome") von Annemarie Brenzinger/Freiburg, Photos der ersten badischen Photographenmeisterin Julie Bauer/Karlsruhe, Arbeiten aus dem Atelier Wilhelm Kuntzemüller aus Baden-Baden usw.
Einen hoch interessanten Beitrag für den exzellenten Katalog schrieb Sabine Allweier: Die Erfindung der Photographie habe bei der "Konstituierung des Badischen" eine große Rolle gespielt. Unter dem Titel "Photographie und Heimat" skizzierte sie die Anfänge und das Engagement der "Heimatschutzbewegung", die u. a. auch zur Gründung des Landesvereins "Badische Heimat" führten, der seit 1909 - nach dem Zusammen- schluss der Vereine für Volkskunde bzw. ländliche Wohlfahrtspflege - auch die Zeitschrift "Badische Heimat" publizierte und in Fridrich Pfaff einen sehr engagierten Vorsitzenden hatte. Diese Institution verstand sich als "breit organisierter Volksverein, in dem Wissenschaft populär werden und populäre Wissenschaften ihren Ort haben sollte" (Peter Assion). Ganz natürlich kam es so auch zur Dokumentation von Heimat - und zu Tausenden von Aufnahmen von Menschen, Baudenkmäler aller Art, Dörfer, Kirchen, Landschaften, Mühlen, Burgen, Trachten - vielfach veröffentlicht in der "Badischen Heimat".
Als Gewährsmann nannte Sabine Allweier den Geschäftsführer des Vereins, Max Wingenroth, verantwortlich bis zu seinem frühen Tod 1922 für die städtischen Sammlungen in Freiburg: "Dass unserer Stadt... die Aufgabe obliegt, diese im raschen Verschwinden begriffenen Denkmäler unseres Volkstums zu sammeln und zu bewahren, darüber dürfte wohl kein Zweifel bestehen" (Badische Heimat 1915, S. 37). Oder Karl Gruber, der "das alte und das neue Freiburg" in Text und Bild verglich (Badische Heimat, 1920): Er zeigt als positive Beispiele das "historische Wenzinger Haus" sowie das Haus "Zur lieben Hand", geniert sich dann aber nicht, deutlich über eine "häßliche spitze Straßenecke im Stühlinger" und über "langweilige" Mietshäuser zu klagen; sein Anliegen wird offensichtlich durch die Gegenübersetzung von Photographien - eine gute visuelle Argumentationsform, eine anspruchs volle "Erziehung des Blicks" und eine Lektion in der "schweren Kunst des Sehens". Natürlich waren diese Photographien immer eng an das "Sujet Heimat" gebunden.
Allweiers Fazit: "Die sprachliche Benen
nung der abgebildeten Inhalte ermöglichte dem Rezpienten, das ,Badische' als solches zu identifizieren. Auf diese Weise etablierten sich über das Medium Photographie spezifische Bilder von Heimat und Region".

Adolf Schmid

1/2004
   

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