Rezensionen

 

Bernward Janzing: Baden unter Strom. Eine Regionalgeschichte der Elektrifizierung. Von der Wasserkraft ins Solarzeitalter. Dold-Verlag Vöhrenbach, 2002. 39 - €. ISBN 3-927677-27-2.

Im Dold-Verlag Vönrenbach hat Bernward Janzing ein außergewöhnliches Buch veröffentlicht, eine Regionalgeschichte der Elektrifizierung - von der Wasserkraft ins Solarzeitalter. Es ist eine aufschlussreiche Kulturgeschichte, denn Straßenbeleuchtung galt vor 200 Jahren noch vielen "als Eingriff in die Ordnung Gottes"; der Schöpfer habe "die Nacht zur Finsternis eingesetzt", man dürfe "den Weltplan nicht hofmeistern, die Nacht nicht zum Tage verkehren wollen" (1819). Dennoch setzte sich das Gaslicht durch, nach 1880 zunehmend die elektrische Energie, auch für Maschinen, Straßenbahnen, Heizgeräte. Triberg war 1884 die erste Stadt Deutschlands, wo die Straßenbeleuchtung völlig auf elektrisches Licht umgestellt wurde. In Rheinfelden und Laufenburg wurden 1898 und 1914 die ältesten und größten Wasserkraftwerke Europas in Betrieb genommen. Naturschützer hatten dagegen den "Bund Heimatschutz" gegründet, an der Spitze der Freiburger Professor für Nationalökonomie Carl Johannes Fuchs. "Keineswegs rückschrittlich, reaktionär oder romantisch" sei der Bund, er kämpfe dagegen, dass man nicht "unnötig die Schönheiten unserer Heimat" zerstöre. Deshalb trug der "Bund" direkt Großherzog Friedrich "die ehrerbietigste Bitte, das bei Laufenburg geplante Kraftübertragungswerk nicht in der projektierten Form zu genehmigen" vor; den Protest unterzeichnete übrigens auch der Ökonom und Soziologe Max Weber. Allen Protesten zum Trotz - der badische Staat hielt an seinen Plänen fest. Die badische Regierung wollte auf "eine möglichst vollkommene Kraftwirtschaft" hinwirken; das "Badenwerk" entstand 1921, 1926 wurde das Schwarzenbachwerk fertig, 1928 war die Schluchsee AG gegründet. 1929 waren 99,4% aller badischen Gemeinden an das öffentliche Leitungsnetz angeschlossen.
Für die Heimatschützer waren "unsere Schwarzwaldtäler in Gefahr". Die "Badische Heimat" erhob Einspruch z. B. gegen das Schluchseewerk: "Die Eingriffe in das durch seine Eigenart weltbekannte Hochschwarzwaldgebiet sind derart wesentlich, dass nicht nur die landschaftlichen Naturschönheiten verschwinden oder ungenießbar verschandelt werden, sondern dass die Auswirkungen für Fremdenverkehr, Landwirtschaft, Gewerbe, für ganze Ortschaften von katastrophaler Bedeutung sind ... Die Verschande lungen, die durch die zahlreichen noch schwebenden Projekte erstehen können, sind nie mehr gut zu machen, dem badischen Staate aber werden die nach wenigen Jahren unrentablen Werke zur Last fallen, zu seinem eigenen und zum Schaden aller Fremden und Einheimischen" (Stellungnahme vom 20. Janu ar 1925). Prof. Konrad Guenther schrieb ein Gutachten: "... wir haben die Schluchseefrage nicht von der wirtschaftlichen Seite, sondern als Heimatfrage zu behandeln ... Wir Heimatschützer sind nicht Leute, die sich dem Fortschritt aus irgendwelcher Welt fremdheit entgegenstemmen, aber uns bedeutet der Fortschritt nichts, der das Volk materiell vorwärts bringt, gleichzeitig aber seelisch und deutsch entwurzelt. Kämpfen wir für die Heimatnatur, so kämpfen wir damit auch für die Volksseele" (Das Schluchseewerk. Gutachten. Mein Heimatland / Badische Heimat 1928). Die Versorgung mit Energie setzte sich durch. Sie wurde ermöglicht durch eine Vielfalt von Projekten, vor allem aber durch den Wasser reichtum des Schwarzwaldes, durch die Wasserkraft des Hochrheins, vor allem durch die gestaltungskräf tige, einfallsreiche Kreativität badischer Tüftler. Auch nach 1945 gingen wesentliche Impulse von Baden aus, Stichworte: Wyhl, Schönau, Solarenergien u. a. Bernward Janzing ist sicher: "So bleibt der Südwesten auch nach 125 Jahren Stromgeschichte seinem Pionier-Image treu. Er sucht heute Lösungen für das neue Jahrhundert, während andere Landes teile noch di Vergangenheit in Form der Kohle ver walten. Es ist eine dynamische Region - .Baden unter Strom' eben."

Adolf Schmid

2/2003
   

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