Rezensionen

 

Martina Rebmann: "Das Lied, das du mir jüngst gesungen ..." - Studien zum Sololied in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Württemberg. Verlag Peter Lang, Europäischer Verlag der Wissenschaften. 2002. 65,40 Euro. ISBN 3-631-38132-8.

Das Thema der Dissertation von Martina Rebmann, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe, war das Klavierbegleitete Sololied in Württemberg, in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Im Mittelpunkt stehen Emilie Zumsteeg (1796-1857), "durch ihre Melodien weith und bedeutsam"; Ernst Fr. Kauffmann (1803-1856), eigentlich ein Mathematiklehrer; Louis Hetsch (1806-1872); Peter Joseph von Lindpaintner (1791-1856), württembergischer Hofkapellmeister; und natürlich Friedrich Silcher. Zunächst wird die Musiklandschaft Württembergs beleuchtet, beginnend mit der Regierung des Herzogs Carl (von 1744 bis 1793), der selbst Klavierunterricht hatte bei Carl Philipp Emmanuel Bach, am Hof Friedrichs des Großen, der in Stuttgart für einen glanzvollen Start für Oper und Ballett sorgte, der sich aber bald zu Sparmaßnahmen gezwungen sah, die zu einem kulturellen Einbruch führten, freilich auch den Aufschwung der "Hohen Carlsschule" ermöglichten, wo die Ausbildung von Beamten und Offizieren das Staatswohl fördern sollte.
Aber Musik lebte weiter, besonders "in den niederen Bevölkerungsschichten", Gesang vor allem: 1842 wurde in der "Neuen Zeitschrift für Musik" gerühmt, "dass wir Schwaben ein Gesangliebendes Völkchen sind". Das Liedgut dürfte niemand so angereichert haben wie Friedrich Silcher (1789-1860), der von seiner Lehrerlaufbahn unter dem Einfluss z. B. von Carl Maria von Weber ganz umschwenkte auf Musik und schließlich als Universitätsmusikdirektor in Tübingen - als "sehr tüchtiges Subject" - die schwäbische Musikkultur wesentlich prägte. Er ist -so Martina Rebmann - der "einzige der hier untersuchten Komponisten, dessen Name nicht in Vergessenheit geriet", dessen Rezeption auch heute gesichert bleibt. Wohl weil es ihm gelungen ist, Kunstlied und Volkslied kaum unterscheidbar zu machen - denken wir nur an den "Lindenbaum", an die "Lorelei" und das "Ännchen von Tharau", an den "Brunnen vor dem Thore".
Die Texte, die vertont wurden, stammten überwiegend aus dem Umkreis der Komponisten: Justi-nus Kerner, Gustav Schwab, Eduard Mörike. Auffallend ist, daß Schiller - Lieder kaum bekannt sind, daß es auch wenig Uhland - Vertonungen gibt. Aber wichtiges Fazit dieser Untersuchung für heute: Wenige der alten Sololieder zählen auch jetzt noch zum lebendigen Repertoire der Konzertsäle. Im Mittelpunkt dieser exzellenten Arbeit steht freilich die zeitgenössische Quellensituation und Alltagskultur.

Adolf Schmid

2/2003
   

siehe auch:

zurück:

Startseite Surfin' Süden | Startseite Badische Heimat | Rezensionen | Register | Impressum | zur ZUM | © Badische Heimat 2005