Waltraud
Düwel-Hässelbarth: Ernteglück und Hungersnot. 800 Jahre
Klima und Leben in Württemberg. Theiss-Verlag 2002. 19,90
Euro. ISBN 3-8662-1711-4.
1289
schlugen an Weihnachten die Bäume aus, 1290 gab es im Februar
reife Erdbeeren, im Jahr 1540 reiften unter subtropischen
Temperaturen die Trauben bereits im Juli - viele Hunderte
solcher Klimaschwankungen und ihre Auswirkungen auf Pflanzen,
Tiere, Menschen werden in Chroniken beleuchtet. In der "guten
alten Zeit" blieb oft nur die Hoffnung auf günstige Witterung
für die Ernte, damit wenigstens die Nahrungsmittelversorgung
und somit das Überleben gesichert war: Auf der Grundlage
achthundertjähriger Wetterbeobachtungen hat Waltraud Düwel-Hässelbarth
ein interessantes, kluges Buch geschrieben über die unglaubliche
Wechselhaftigkeit des Wetters, die zu Missernten, Hagelstürmen,
Überschwemmungen und den daraus resul tierenden Hungersnöten
führten. Dass es immer wie der auch Erdbeben gab - ganz
schlimm 1348 und 1356, als die Stadt Basel aufgrund eines
dabei entstandenen Feuers fast total zerstört wurde - zeigte
die große Abhängigkeit und Unsicherheit der Menschen. Bedingt
durch die Hungersnöte infolge von Missern ten in den Jahren
1846 und 1847 (dieses Jahr zeich nete sich durch eine geradezu
sprunghaft wechselnde Witterung aus) gründete F. W. Raiffeisen
Unterstützungsvereine, die sich schließlich zu dörflichen
Spar- und Darlehenskassen entwickelten. Ab 1878 liegen in
Hohenheim lückenlose und zuverlässige Messungen vor: Lufttemperatur,
Niederschlagsmenge, Bewölkung, Sonnenscheinstunden. Und
daraus ergeben sich Regeln, z. B. "Januar warm, dass Gott
erbarm" ... usw. Auch Sicherheit für künftige Entwicklungen
beim Wetter? Fazit: "Wie eh und jeh wird es sich einer exakten
Vorhersage entziehen", wenig trostreich.
Adolf
Schmid
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