Rezensionen

 

Stadtarchiv Freiburg, 50 Jahre Baden-Württemberg. Badens Mitgift, 595 Seiten, Freiburg 2002, 24,50 €

Das 50-jährige Jubiläum Baden-Württembergs begleiteten zahlreiche aus Stuttgart kommende Veröffentlichungen. Doch jetzt hat der badische Landesteil seine eigene Stimme erhoben: Das Stadtarchiv Freiburg hat ein umfangreiches und vorzüglich bebildertes Werk vorgelegt, in dem der Beitrag Badens zu dem 1952 gegründeten Südweststaat aufgelistet wird. Da geht es keineswegs um die gern bemühte Badenfrage, sondern um eine sachliche Bilanz, erstellt von zumeist bekannten und angesehenen Autoren.
Eingangs zeigt der Philologe Prof. Paul Gerhard Schmidt die grenzüberschreitende Ausstrahlung des oberrheinischen Humanismus auf, während der Historiker Prof. Wolfgang Hug verdeutlicht, in weichem Maße ein Liberalismus eigener Prägung traditionell von Baden ausgegangen ist. Paul Feuchte, ein ausgewiesener Verfassungsrechtler, erbringt Nachweis, dass die (süd)badische Verfassung von 1947 als Vorbild einer wehrhaften Demokratie galt. Oberbürgermeister Rolf Böhme legt dar, wie Baden als Modellregion für Europa auf dem Wege der Verständigung mit den Anrainerstaaten vorausgeschritten ist. Der Germanist Prof. Günter Schnitzler schildert das Studium generale an der Universität Freiburg, das der Kriegs- und Nachkriegsgeneration den Einstieg ins Universitätsstudium ebnete. Daneben wird in der Schrift aus zahlreichen anderen Lebensbereichen berichtet, so etwa mit dem Aufsatz der Kunsthistorikerin Antje Lechleiter über die Künstlergruppe "Badische Secession".
Besonderes Interesse verdient der Beitrag von Minister a. D. Prof. Helmut Engler über Badens Justiz. Er weist hin auf das rechtspolitische Einigungswerk der Einführung des Code civil 1810 in Baden, dem der "hierländischen Landesart und Sitte" entsprechende Zusätze angefügt worden waren. Parallel lief eine Neuordnung der Gerichtsverfassung, die später im Jahre 1879 der reichseinheitlichen Regelung angeglichen wurde. Weiter erinnert der Verfasser an die Jahre 1946-1953, als in Freiburg ein selbständiges Oberlandesgericht judizierte, während Karlsruhe lediglich zum Nebensitz des Stuttgarter Obergerichts herabgestuft worden war. Auch hatte Baden im Jahre 1863 als erstes deutsches Land eine unabhängige Verwaltungsgerichtsbarkeit eingeführt, was den Bürgern einen neuartigen Rechtsschutz verschaffte. Umrissen werden schließlich die Eigentümlichkeiten der bis heute im badischen Landesteil geltenden Notariatsverfassung mit staatlichen Beamten, die die Befähigung zum Richteramt besitzen müssen. Mit einem schmunzelnden Hinweis auf die kuriose urbadische Aktenlochung beschließt Engler das juristische Kapitel.$Alles in allem eröffnet dieses Werk nicht nur den Blick auf mannigfache Aspekte badischer Vergangen heit, es veranschaulicht zugleich die Bewahrung badischer Identität in unserem heutigen Bundesland Baden-Württemberg. Ein empfehlenswertes Buchge schenk.

Reiner Haehling von Lanzenauer

2/2003
   

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