3-4/00


Kunstwerke des Monats

im Kurpfälzischen Museum Heidelberg

Juni

Das ‚Nachtbild‘ „Der eingeschlafene Wächter" gehört zu den für Spitzweg typischen Werken seiner künstlerischen Spätzeit. Spätromantischen Anregungen folgend malte der Künstler von 1870 an eine Reihe von Stadtlandschaften im „blaulichtigen Abendschein", in denen er die Figurenstaffage (Musi-kanten, Liebhaber oder eben wie hier Nachtwächter) nicht selten im historisierenden Kostüm wie auf einer Theaterbühne agieren ließ. Wiederholt hatte Spitzweg in seinen Tagebüchern aus den 50er Jahren begeistert von Begegnungen mit Nachtwächtern berichtet; in den 70er und 80er Jahren waren sie bereits äußerst selten anzutreffen, eher touristisches Beiwerk, das aber für eine unmittelbare Stimmung sorgte. „Der eingeschlafene Wächter" zeigt eine enge Straßenschlucht unter einem Stück nachtblauen Himmel mit blitzenden Sternen und einem für den Betrachter nicht sichtbaren Mond, der wie ein Bühnenscheinwerfer starke diagonale Schatten auf die hoch aufragenden Kulissen wirft. Liebevoll beschreibt Spitzweg die mit Erkern, Nischen, Fenstergesimsen und Geschossgliederungen reich differenzierte städtische Fassadenarchitektur. Verloren sitzt in dieser scheinbaren Idylle der Nachtwächter, auf seinen Pickel gestützt, in tiefem Schlaf.

Spitzwegs (immer noch anhaltende) Popularität in Deutschland gründete sich auf just diese Art der Darstellung einer unpolitischen bürgerlichen Biedermeier-Idylle, die es so nie gegeben hatte, in vielem aber bürgerlichen Sehnsüchten und Wünschen entsprach und den dargestellten Gegenstand nur mit einem feinen Hauch von Ironie überzog.

Annette Frese

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