Kurpfälzisches Museum Heidelberg:Das Kunstwerk des Monats |
April 2003 | ||||
- Sammlungsblatt - | |||||
Charles de Graimberg |
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Der französische Adlige Charles de Graimberg kam am 4. Oktober 1810 zum Zeichnen nach Heidelberg. Die Stadt und das Schloss in ihrer einzigartigen Lage im Neckartal und die historische Bedeutung der Ruine faszinierten ihn derart, dass er sein Lebenswerk auf die Schlossruine ausrichtete und in Heidelberg ansässig wurde | ||||
Eine herausragende Stellung in Graimbergs Oeuvre nimmt die Folge der großen Kupferstiche ein. Mit besonderem Stolz erfüllten ihn die vier ersten großen Kupferstiche, da die beiden Ansichten des Hofes und zwei Gesamtansichten der Ruine zum einen gleichsam in einer Rundumschau ihren gegenwärtigen Zustand dokumentierten und zum anderen meisterlich umgesetzte druckgraphische Blätter seien, durch die das Schloss "[...] in das glänzende Ansehen gekommen ist, das es heut zuTage genießt [...]". Da die großen Kupferstiche, wie alle Graimbergschen Ansichtenfolgen, stets auch vor dem Hintergrund einer zeichnerischen Dokumentation des Erhaltungszustands der Ruine entstanden und somit auf eine besondere Detailtreue in der Darstellung des architektonischen Ensembles abzielen, ist eine allgemeine künstlerische Einordnung des umfangreichen Oeuvres problematisch. In seinen Bildfindungen und seiner künstlerischen Entwicklung stand Graimberg jedoch eindeutig in den Sehweisen und Traditionen seiner Zeit. So wird der Einfluss verschiedener Zeitströmungen wie Klassizismus, Romantik und Frührealismus in unterschiedlicher Ausprägung in seinen Folgen deutlich. Bei Graimbergs zweiter großer Schlossansicht wird insbesondere der Einfluss der Romantik augenfällig. Ganz bewusst wählte er die seit Anfang des Jahrhunderts von zahlreichen Künstlern favorisierte Ansicht von Osten, die mit ihrem Blick über die Ruine hinweg in die Rheinebene, der natürlich gegebenen Polarisierung von Enge und Weite, Nah- und Fernsicht und den im abendlichen Gegenlicht atmosphärisch verklärten Konturen das Motiv par excellence für die romantische Stimmungsmalerei bot. In dieser Verbindung sahen namentlich die Romantiker den einzigartigen Reiz der Heidelberger Kulturlandschaft und das von der Natur geschaffene Musterbeispiel eines idealen Landschaftsbildes. Graimberg entschied sich für eine ganz in der Tradition stehende Komposition, wie sie sich seit der Blütezeit der niederländischen Landschaftsmalerei bis hin zu Claude Lorrains verklärten idealen Landschaften entwickelte. Es ist eine klassische Komposition mit fest umrahmter Bildbühne, Repoussoirelement und figürlicher Staffage im Vordergrund und einer von Horizontalen, Vertikalen und Diagonalen eingefassten Tiefenöffnung mit in die Ferne leitenden, linearperspektivisch ausgerichteten Blickbahnen. Der durch den Baum "verstellte", verschattete Bereich im Vordergrund steigert die Tiefenwirkung der Ansicht und gemeinsam mit dem Schafhirten und der Ziegenhirtin blickt der Betrachter von einem Höhenweg im Vordergrund, gleichsam wie von einer vorgeschobenen Bühne aus, auf die sich im Tal erstreckende Stadt, die prominent über ihr thronende Schlossruine und den sich in der Weite der Ebene verlierenden Flusslauf des Neckars. Während der Vordergrund und der Baukörper der Ruine klar konturiert sind, scheint über der Dachlandschaft Heidelbergs ein zarter Schleier zu liegen und die Rheinebene mit den Pfälzer Bergen im Hintergrund löst sich zunehmend im flirrenden Licht in .der Ferne auf. Das Kompliment für die optimale druckgraphische Umsetzung des Blattes und die Klarheit der Komposition gebührte seiner Ansicht nach einzig seinem Freund Christian Haldenwang (1770-1831), den er mit Malern wie Claude Lorrain und dem berühmten englischen Landschaftsstecher William Woollett in einem Atemzug nennt. Selbstbewusst schrieb er u. a. zu seinem zweiten großen Kupferstich: "La seconde dediee au Roi de France demeurera toujours le tableau le plus complet et le plus agreable de la position du chäteau et de la ville de Heidelberg. [...] C'est de cette planche qu'il est rapporte dans notre notice que Lady Campton, en la voyant chez l'auteur, lui fit le compliment de l'assimiler ä un Claude Lorrain pour la composition, [...]." Charles de Graimberg widmete seine "Erste allgemeine Ansicht" dem französischen König Ludwig XVIII. und ließ sie diesem 1816 in einer Audienz präsentieren. In der Widmung gab er seiner politischen Überzeugung Ausdruck. Als Anhänger des Ancien Regime sah er in der Restauration der Bourbonen nach den Revolutionswirren und der Ära Napoleon die Rettung Frankreichs. Einzig die Bourbonen, als wahre Herren Frankreichs, waren seiner Meinung nach in der Lage, das Land aus der Depression zu führen. Text: Anja-Maria Roth |
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Literatur: |
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"Erste allgemeine Ansicht des
Schlosses, der Stadt und des Thales von Heidelberg. Vom Wege nach dem
Wolfsbrunnen. Dediee au Sauveur de la France, au bon Pere de son Peuple,
Sa Majesté Louis XVIII. Roi de France et de Navarre. Par le plus affectionne,
le plus soumis et le plus devoue de ses fideles$$sujets Charles de Graimberg." Zeichnung: Charles de Graimberg (1814); Kupferstich: Christian Haldenwang (1815) 46,4 x 56,5 cm (Platte); Inv. Nr. S 863 |
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