Das Alphabet
kommt nach Heidelberg: Schreibgeräte der Römer im Kurpfälzischen
Museum
Mit
der Ankunft römischer Hilfstruppenkohorten hielten auch die lateinische
Sprache und der Gebrauch der Schrift in unserer Gegend Einzug.
Allerdings war in der Zeit des 1. und 2. nachchristlichen Jahrhunderts
nur eine kleine Minderheit in der Lage, längere Texte flüssig
zu lesen oder zu verfassen; schließlich gab es noch keine allgemeine
Schulpflicht. Wer es sich leisten konnte, schickte sein Kind zu
einem ,litterator', einem Privatlehrer, der den ‚abecedarii' (ABC-Schützen)
Lesen und Schreiben beibrachte.
Als Originalzeugnisse
sind insbesondere die in Stein gemeißelten Inschriften und die
in Ton gedrückten Töpferstempel erhalten geblieben. Die umfangreichen
handschriftlichen Korrespondenzen, Urkunden und Rechnungen auf
vergänglichen Schriftträgern sind dagegen größtenteils verloren.
Bei archäologischen Ausgrabungen treten jedoch die hierfür verwendeten
Schreibwerkzeuge ans Licht: In dem großen Gräberfeld an der Straße,
die das Kastell von Heidelberg-Neuenheim mit Lopodunum (Ladenburg)
verband, kommen sie gelegentlich als persönliche Beigaben vor.
Sie kennzeichnen die Bestatteten als Berufsschreiber oder als
besonders schriftkundige Personen.
Vom Schreiben
auf Papyrus oder Pergament zeugen zylindrische Fässchen aus feinem
Ton oder aus Bronzeblech. Sie nahmen die Tinte (atramentum) auf,
die meist aus Holzkohlenruß, gummi arabicum und weiteren Zutaten
gemischt wurde. Das gängige ‚Notizbuch' für den alltäglichen Gebrauch
bestand aus zwei- oder dreiteiligen, zusammenklappbaren Holztäfelchen.
In die mit einem Rahmen versehenen Flächen wurde geschwärztes
Wachs gestrichen, das mit einem metallenen Griffel (stilus) beschrieben
wurde. Wollte der Schreiber das Eingeritzte korrigieren oder löschen,
wendete er den stilus und glättete die Wachsschicht mit dem spatelförmigen
Ende. In Heidelberger Gräbern kommen bis zu drei stili als ‚Schreibset'
vor. Die Schreibwerkzeuge sind damit sowohl in Männer- wie in
Frauenbestattungen der Heidelberger Nekropole vergleichsweise
häufig vertreten. Eine erst kürzlich restaurierte und wissenschaftlich
ausgewertete Auswahl zeigt das Kurpfälzische Museum der Stadt
Heidelberg als "Kunstwerk des Monats" im November.
Text:
Andreas Hensen
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