Kunstwerk des Monats
November 2006

Römische Schreibgeräte

 

Das Alphabet kommt nach Heidelberg: Schreibgeräte der Römer im Kurpfälzischen Museum

Mit der Ankunft römischer Hilfstruppenkohorten hielten auch die lateinische Sprache und der Gebrauch der Schrift in unserer Gegend Einzug. Allerdings war in der Zeit des 1. und 2. nachchristlichen Jahrhunderts nur eine kleine Minderheit in der Lage, längere Texte flüssig zu lesen oder zu verfassen; schließlich gab es noch keine allgemeine Schulpflicht. Wer es sich leisten konnte, schickte sein Kind zu einem ,litterator', einem Privatlehrer, der den ‚abecedarii' (ABC-Schützen) Lesen und Schreiben beibrachte.

Als Originalzeugnisse sind insbesondere die in Stein gemeißelten Inschriften und die in Ton gedrückten Töpferstempel erhalten geblieben. Die umfangreichen handschriftlichen Korrespondenzen, Urkunden und Rechnungen auf vergänglichen Schriftträgern sind dagegen größtenteils verloren. Bei archäologischen Ausgrabungen treten jedoch die hierfür verwendeten Schreibwerkzeuge ans Licht: In dem großen Gräberfeld an der Straße, die das Kastell von Heidelberg-Neuenheim mit Lopodunum (Ladenburg) verband, kommen sie gelegentlich als persönliche Beigaben vor. Sie kennzeichnen die Bestatteten als Berufsschreiber oder als besonders schriftkundige Personen.

Vom Schreiben auf Papyrus oder Pergament zeugen zylindrische Fässchen aus feinem Ton oder aus Bronzeblech. Sie nahmen die Tinte (atramentum) auf, die meist aus Holzkohlenruß, gummi arabicum und weiteren Zutaten gemischt wurde. Das gängige ‚Notizbuch' für den alltäglichen Gebrauch bestand aus zwei- oder dreiteiligen, zusammenklappbaren Holztäfelchen. In die mit einem Rahmen versehenen Flächen wurde geschwärztes Wachs gestrichen, das mit einem metallenen Griffel (stilus) beschrieben wurde. Wollte der Schreiber das Eingeritzte korrigieren oder löschen, wendete er den stilus und glättete die Wachsschicht mit dem spatelförmigen Ende. In Heidelberger Gräbern kommen bis zu drei stili als ‚Schreibset' vor. Die Schreibwerkzeuge sind damit sowohl in Männer- wie in Frauenbestattungen der Heidelberger Nekropole vergleichsweise häufig vertreten. Eine erst kürzlich restaurierte und wissenschaftlich ausgewertete Auswahl zeigt das Kurpfälzische Museum der Stadt Heidelberg als "Kunstwerk des Monats" im November.

Text: Andreas Hensen



 

 

Schreibwerkzeuge aus dem Gräberfeld von Heidelberg-Neuenheim im Kurpfälzischen Museum der Stadt Heidelberg:
2 Tintenfässer, eine Schreibfeder, drei Stili und ein Wachsspatel.
Ende des 1. bis zweite Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr.

Foto: Museum (E. Kemmet)

 
 
siehe auch:

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