Kunstwerk des Monats
Juni 2005

Mandarinfächer mit chinoiser Genreszene

oder - Wie sage ich: "Ich möchte mit dir sprechen" ohne Worte?

Unter all den Accessoires, die die Mode im Lauf der Jahrhunderte erfand, nimmt der Fächer eine besondere Stellung ein. Der kühle Luftzug ist nur eine seiner Aufgaben, er war Teil höfischer Umgangsformen, diente als anmutiges Spielzeug, als amouröse Waffe der Dame: Der Fächer galt als das Szepter der Frau.
Unser Fächer ist ein besonders gelungenes Beispiel für die im Frankreich des 17. Jh. um sich greifende Chinamode - ein Trend, der von Ludwig XIV. und Madame de Maintenon nach Kräften gefördert wurde, war "Madame" doch Großaktionärin der "Companie des Indes" mit mehreren Handelsschiffen.


Die Vorderseite zeigt drei Chinesen in einem Garten. Ein Mann sitzt auf einem Felsen, eine Dame mit einem Saiteninstrument in der Hand zeigt mit der anderen auf einen blühenden Kirschblütenzweig, ein ostasiatisches Symbol für Reinheit. Ein kleingemalter Chinese an ihrer Seite, ihr Diener, scheint sie zu bewachen. Rankenartige Bäumchen trennen die Dame und den Herren. Ihre Gesichter sind aus kleinen Elfenbeinplättchen ausgeschnitten, mit feinstem Pinsel linear bemalt und auf die gemalten Körper aufgeklebt worden.
Seit dem 18.Jahrhundert benutzten Frauen in nahezu allen gesellschaftlichen Schichten einen Fächer. Sich Luft zuzufächeln gehörte zu den einfachsten Übungen, die enggeschnürten Kleider, die hygienischen Gewohnheiten machten das erforderlich. Aber der gekonnte Umgang mit dem eigenen Fächer war das wichtigste. Er wurde regelgerecht erlernt. Verschiedene Fächerschläge mussten graziös geführt werden, um Wirkung zu zeigen. Die lautlosen Botschaften der Fächersprache galten als diskreteste Form für eine Verabredung, Liebeserklärung oder Zurückweisung. So hieß den Fächer am äußersten Rand mit dem Finger berühren: Ich möchte mit dir sprechen. Oder langsam fächeln: Ich bin verheiratet. Oder ihn mit dem kleinen Finger abgespreizt haltend: Auf Wiedersehen
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Angelika Dirscherl

 

 
Elfenbein, geschnitzt, Papier, bemalt und gefaltet, Blattsilber, Blattgold
Frankreich um 1770
Inv. Nr. GV 29

Bild: Museum
 
 
siehe auch: Sammlungsblatt
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