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Um die Hirschberger Burgen tut sich etwas

Schanzenköpfle - Hirschburg - Waldeck in den Untersuchungen Achim Wendts und Rainer Kunzes

Zum Sommerprogramm 1999:

Burgen der nördlichen Bergstraße

Die Burg Schanzenköpfle liegt am Westhang der 448 m hohen Hohen Waid, zwischen Schriesheim und Leutershausen, auf einem Sporn, der auf 406 m nach Süden vorspringt und nach drei Seiten steil abfällt. Sie stellt damit einen Typ dar, der sich durch siedlungsferne, aber exponierte und auf Fernwirkung angelegte Lage auszeichnet. Der Sporn, auf dem die Burg liegt, bildet ein Burgplateau von 30x35 m, das von einem Hanggraben mit vorgelagerten Außenwall umzogen wird. Dieser Wall ist aus Grabenaushub und Lesesteinen trocken geschichtet, ihm ist gegen den Berg ein heute verschliffener Abschnittsgaben vorgelegt. Nach Kunze vermittelt Schanzenkopf zwischen der typischen Motten-Anlage, die nur einen Turm trägt (wie z.B. Heidelberg I - Molkenkur), und den ausgedehnteren Rundlingen der späteren Zeit (Hirschburg, Windeck).

Den oberen Rand des Burgplateaus umzieht eine polygonal gebrochene Ringmauer, die an manchen Stellen noch über 2 m hoch erhalten ist. Erosion, Hangabrutschung und Baumbewuchs zerstören den Bestand. Wendt sieht auf dem ihm zugrunde liegenden Plan eine Verstärkung der Ringmauer gegen die Angriffsseite zu auf 2,20 m und sieht darin die Entwicklung zur Schildmauer der 2. Hälfte des 12. Jh. vorgezeichnet. Dagegen spricht sich Kunze aus (siehe den folgenden Aufsatz) und verweist auf die Kronenburg West, bei der sich die Mauer gegen die Angriffsseite zu sogar verjüngt.

Auf der Südseite des Plateaus bildet ein ca. 5 m nach innen eingezogenes Zangentor mit 3,20 m lichter Weite den einzigen Zugang. Wendt konstatiert eine „steil angeschüttete Rampe" als Zugang, was Kunze ablehnt und einen Serpentinenweg rekonstruiert, dessen Kehre durch eine (erhaltene) Stützmauer gesichert ist. Der einzige innerhalb des Berings festgestellte Mauerrest könnte als ein an die Ringmauer angelehntes Wohngebäude zu interpretieren sein. Der Rest der Innenbebauung dürfte dagegen aus einfachen Fachwerk- oder Holzbauten bestanden haben.

Burg Hirschburg, Skizze von R. Kunze

Der originale Nutzungshorizont des Burgplateaus scheint bereits großflächig von Schnee und Regen erodiert, so dass die fundführenden Schichten des Burgplateaus über weite Strecken der Abhänge verstreut sind und Keramikfunde vor allem am Boden des umliegenden Waldes aufgelesen wurden.

Dieses keramische Fundgut besteht zum größten Teil aus älterer grautoniger Drehware vom Typ „Stetten", die ins 11./12. Jahrhundert zu datieren ist. Die vorhandenen Formen kennzeichnen nach Wendt eine jüngere Entwicklung und deuten bereits auf die Anfang des 13. Jahrhunderts übliche Dreh-scheibenware hin.

Ein weiterer Teil der Keramik, mit sandig-rauher Oberfläche und weiß-grauer Brennfarbe entzieht sich einer genaueren Zuordnung, ist aber in Heidelberger und Ladenburger Fundkomplexen „des 11./12. - 13. Jh." (Wendt) vertreten. Auch die vor einigen Jahren geborgenen Metallgegenstände entsprechen den aus dem 11. und 12. Jahrhundert überlieferten Funden.

Wendt datiert damit die Burg auf dem Schanzenköpfle als „spät-salische oder frühstaufische" Adelsburg. Einen Siedlungsbeginn vor dem späten, frühen 12. Jh. schließt er aus.

Die tiefer gelegene Hirschburg stellt ebenfalls einen Rundling auf einem überformten Spornhärtling dar. Der Sporn fällt nach Norden zu steil ab, während der auslaufende Hang des Berges nach Osten zu einen Halsgraben erforderlich machte. Der verschüttete Graben um die Süd- und Westseite umzieht den Sporn sichelförmig und läuft in den Halsgraben aus. Die Burg zeigt noch keine stauferzeitlichen Baugewohnheiten, so dass man an eine Erbauung kurz vor der Mitte des 12. Jh. denken muss.

Veränderte Sicherheitsvorstellungen führten in späterer Zeit zum Neubau eines Bergfrieds an der Talseite. Dieser Bergfried kann nicht zur Gründungsanlage gehört haben, weil Türme mit dicken Mauern ohne Wohnfunktion erst am Ende des 12. Jahrhunderts gebaut werden - zunächst als quadratische Türme, erst um die Mitte des 13. Jh. als Rundtürme. Bauherren dieses Turmneubaus könnten durchaus die Pfalzgrafen oder ihre Ministerialen „von Hirschberg" gewesen sein.

Reste des Bergfrieds liegen östlich des Fundaments auf dem Plateau, unter ihnen zwei große Bruchstücke, was den Eindruck erweckt, der Turm sei umgefallen bzw. umgelegt worden (s. Titelbild). Diese Zerstörung des Bergfrieds von seinem Fundament an gibt weiterhin Rätsel auf, da es ohne Schießpulver nur unter hohem Aufwand möglich gewesen wäre, den Turm derart zu kippen. Kunze gibt zu bedenken, dass auch ein Erdbeben wie das von 1356 (das z.B. Basel in Schutt und Asche gelegt hatte) hier seine Spuren hinterlassen haben könnte. Schließlich sei - so Kunze - zwar 1329 als Datum der „zerbrochenen" Hirschburg überliefert, aber nicht ganz sicher, um welche der beiden Hirschburgen es sich handle.

Auf der Hirschburg dominiert Keramik des 13. Jahrhunderts, während die auf dem Schanzenköpfle vorkommenden „Stettener" Randprofile fehlen.

Die Hirschburg kann damit als Nachfolgeburg der gegen die Wende zum 13. Jh. aufgegebenen Anlage auf dem Schanzenköpfle angesehen werden. Ihre Zeitstellung („Hirschburg II") kann nach Wendt in Verbindung gesetzt werden mit der Erwähnung des ersten Herrn von Strahlenberg 1174 und dem Auftreten der Hirschberger Ministerialen um 1180/84. Kunze allerdings bemängelt die unklare Formulierungsweise Wendts und verweist darauf, dass zwar 1329 als Datum der „zerbrochenen" Hirschburg überliefert ist, Wendt aber nur Anlässe bringt, die mindestens dreißig Jahre früher liegen.

Die Erwähnung des ersten Herrn von Strahlenberg 1174 und die letzte Erwähnung des Hirschberger Familienstamms 1223 können nach Wendt die Zeitspanne bezeichnen, in der beide Burgen gleichzeitig benützt wurden. Kunze wendet dagegen ein, dass die Tiefe des Hohlwegs, der sich von der Hirschburg nach oben zieht, für eine längere Nutzungsdauer beider Burgen sprechen könnte. Allerdings müssten dann auf dem Schanzenköpfle auch spätere Keramikfunde anzutreffen sein.

Kunze geht nun noch die weiteren Burgen der Hirschberg-Strahlenberger durch und kommt zu überraschenden Ergebnissen:

Beobachtungen an der Burgstelle „Burgschell" bei Lampenhain lassen vermuten, dass es sich um einen frühen Bauversuch der Rodungsherren von Waldeck-Hirschburg handelt, der aufgegeben wurde, als man auf geologische Schwierigkeiten stieß.

Burg Waldeck, Skizze von R. Kunze

Burg Waldeck (bei Heiligkreuzsteinach), 1152 belegt, gehört als mottenartige Anlage zum ältesten Typ der Burgen. Die Anlage ist von einer unregelmäßigen polygonalen Ringmauer umgeben, deren Stärke - wie auf dem Schanzenköpfle - mit 1,80 m bis 2,20 m zu rekonstruieren ist. Das erkennbare Mauerwerk weist nicht die fortgeschrittene Kleinquadertechnik der Burg Schanzenköpfle auf, scheint also älter zu sein.

Daraus rekonstruiert Kunze den Werdegang der Herrschaft, wie es sich in der zeitlichen Abfolge der Burgen zeigt:

Zunächst scheinen die Rodungsherren in dem ihnen (wohl vom Wormser Bistum) zugewiesenen Bezirk mit der Errichtung einer kleinen festen Anlage bei Lampenhain begonnen zu haben. Dieser Bauversuch scheiterte an den Geländeverhältnissen und die Rodungsherren errichteten in der Nähe ihres Dorfes Heiligkreuzsteinach ihre Burg Waldeck. Hier allerdings könnten sie, wie auch die Herren von Harfenburg/Steinach im Neckartal, ihrem Oberherren, dem Wormser Bischof, zu unkontrolliert gearbeitet haben, so dass dieser sich genötigt sah, mit der Gründung des Klosters Schönau 1142 ein deutliches Zeichen seiner eigenen Herrschaft zu setzen und die beiden Rodungsherrschaften zu trennen. Das könnte der Anlass für die Herren von Waldeck gewesen sein, vermutlich auf der Grundlage von Herrschaftsrechten im Leutershäuser Gebiet, in exponierter Lage über der Rheinebene ihre Burg Hirschberg I auf dem Schanzenköpfle zu errichten, damit in nicht-wormser Gebiet vorzustoßen und ihren Anspruch auf Herrschaft und sozialen Rang zu dokumentieren. Zwei oder drei Generationen später folgte in geringer Entfernung Hirschburg II. Dass sie damit in die Sphäre des Klosters Lorsch eindrangen, war die Grundlage für die spätere Auseinandersetzung mit den Pfalzgrafen. Erst dann, in einem letzten Aufbäumen, folgte 1234 die Gründung der Strahlenburg über Schriesheim, die allerdings das Kloster Ellwangen, dessen Rechte damit verletzt wurden, nicht unwidersprochen hinnahm.

Was für die historische Forschung noch zu tun bleibt, ist, das Verhältnis zwischen edelfreien Hirschbergern und den Ministerialen von Hirschberg zu klären. Der Verfasser dieser Zeilen hatte 1990 in seinem - inzwischen burgenkundlich überholten - Bändchen über die Burgen an der Bergstraße vermerkt: „Der Pfalzgraf scheint den Tod eines Hirschbergers (Konrad, 1165?) zum Anlaß genommen zu haben, das Lehen einzuziehen und an Markward von Annweiler und sein Sohn Dietrich von (Rhein-)Hausen weiterzuverleihen. Von dieser Verleihung scheint sich auch der Besitzstand der Hirschberger Ministerialen in Leutershausen herzuleiten."

Kunze resümiert die späte Geschichte der Hirschberg-Strahlen-berger und den auffallenden Beinamen des Konrad „Strahlenbergers":

„(Re-)Konstruktion: Die Hirschberger, dann auch Strahlenberger (auf »Hirschberg«) wurden von den Pfalzgrafen (und ihren Ministerialen) so bedrängt, in der Verfügung über ihre Burg(en) so eingeschränkt, dass ein Zweig ins Frankfurter Patriziat abwanderte und der verbliebene Conrad im Sinn von »Konrad Ohneburg« als »Konrad Strahlenberger« und »Konrad, der sich nach der - nicht mehr verfügbaren - Strahlenburg nennt«, in den Quellen erscheint. Erst durch die Ellwanger Vogtei und die auf deren »Kosten« errichtete Strahlenburg (II) über dem Dorf Schriesheim (das er dann zur Stadt entwickelte) wurde er wieder zum »gemachten Mann«, zu Konrad I. von Strahlenburg."

Achim Wendt: Das „Schanzenköpfle". Oder: Woher kommt die Strahlenburg. In: Schriesheimer Jahrbuch 1997. S. 35-56

Rainer Kunze: Die Hirschberg-Waldecker und ihre Burgen. In: Mannheimer Geschichtsblätter Neue Folge Band 5 (1998) S. 9-32

Unser Tip: Wie geht’s hin ?

Die Leutershäuser Burgen Hirschburg und Strahlenburg sind erreichbar vom westlichen Ortsrand von Leutershausen aus, wo beim Tennisplatz in den Weinbergen Richtung Schriesheim sowohl der Waldweg zum Waldspielplatz als auch der Hohlweg direkt zur Burg abgehen. Am Waldweg verweist ein Wegweiser nach rechts hangaufwärts zur Hirschburg, während der Hohlweg teilweise zugewachsen und schwer begehbar ist. Dennoch lohnt sich ein Blick in dieses überraschend gut erhaltene Kulturdenkmal, das stellenweise eine Tiefe von mehreren Metern erreicht. Von der Hirschburg aus ist der Weg zum Schanzenköpfle mit einer im Kreis stehenden 8 bezeichnet und führt zum Schluss an den genannten Grenzsteinen vorbei im Bogen hinauf zur Burganlage. Wenn Sie den Waldweg oben erreicht haben, sind sie schon zu weit, sie sehen hinter sich den mottenartigen Sporn.

Badische Heimat e.V.
Bezirksgruppe Bergstraße - Neckartal (Heidelberg)

 


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