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Die Neckarsueben - ein germanischer Stamm zur römischen Kaiserzeit |
In einem hochinteressanten Vortrag im Badischen Hof zeichnete
Frau Dr. Renate Ludwig vom Kurpfälzischen Museum auf Einladung unseres
Vereins ein Bild von der neckarsuebischen Besiedlung des Landes am Unteren
Neckar zur römischen Kaiserzeit. Die Sueben sind ein germanischer
Volksstamm, der ursprünglich im Gebiet von Elbe und Saale beheimatet
war und zu Cäsars Zeiten mit annähernd 120 000 Mann nach Gallien
einwanderte. Von Cäsar geschlagen, wurden unter Kaiser Tiberius Teile
dieses Volkes rechts des Rheins im Vorfeld der Legionslager von Mainz,
Rheingönheim und Straßburg angesiedelt, um gewissermaßen
im römischen Auftrag das rechtsrheinische Vorland zu sichern und zu
besiedeln. Möglicherweise stehen damit im Zusammenhang auch die ersten
römischen Spuren in Neuenheim (Ostkastell) und in Ladenburg (Kastell
II), die beide in die Zeit dor der eigentlichen römischen Eroberung
datiert werden können.
Eines der Siedlungszentren, von dem der Stamm dann auch bei den Römern seinen Namen - Neckarsueben - hatte, war das Land am Unteren Neckar, mit dem Gebiet von Wieblingen bis Wallstadt als Zentrum. Der Stamm gab dann auch dem unter Kaiser Trajan gegeründeten Verwaltungsbezirk (Gebietskörperschaft) seinen Namen: Civitas Ulpia Sueborum Nicrensium. Frau Dr. Ludwig zeigte anhand der Funde, daß unsere Vorfahren keineswegs die "wilden Horden aus dem Urwald" waren, als die sie machmal gerne dargestellt werden. Es waren zivilisierte Menschen, die Wert auf Körperpflege legten und mit den Römern recht gut auskamen. Vor allem Funde aus Kirchheimer Grabungen legen davon Zeugnis ab: Ein Besteck zur Körperpflege, bestehend aus Ohrkratzer, Fingernagelputzer, Pinzette und Bartschere stand hier stellvertretend. Überhaupt ist die Bartschere sehr wichtig für die Germanen gewesen, so wichtig, daß sie als Grabbeigabe mitgegeben wurde - und für uns das Bild von den "wallenden Bärten" der Germanen korrigiert. Wenn auch auf Kirchheimer Gemarkung die eigentliche neckarsuebische Siedlung noch nicht nachgewiesen werden konnte, haben doch die Archäologen mit den Grabfunden und vor allem mit der Entdeckung eines Gewerbegebiets an der Autobahn (am neuen Autobahnkleeblatt Heidelberg/ Schwetzingen) reichhaltiges Material zutage gefördert. Dieses Gewerbegebiet bestand schon in der keltischen Zeit (weswegen die Neckarsueben als "erste" Kirchheimer auch ausscheiden) und hatte vor allem Schmiedehütten und Grubenhäuser zur Textilverarbeitung, was durch eine Vielzahl von Eisenschlacken sowie von Webgewichten, Nadeln und Spinnwirteln belegt ist. Unter anderem wegen der Feuergefahr, die von den Schmiedewerkstätten ausging, war der Gewerbebezirk von der Siedlung getrennt. Für die Textilverarbeitung, vor allem für die Weberei am "stehenden" Webstuhl, war die gleichmäßige Luftfeuchtigkeit, die vom eingetieften Boden ausging, wichtig - und waohl auch recht unangenehm für die dort arbeitenden Frauen. In späterer Zeit wurden die Grubenhäuser planmäßig zugeschüttet, vor allem mit Siedlungsabfall; dabei ging wohl mehr zufällig eine besonders kostbare Fibel verloren, heute eine der Kostbarkeiten neckarsuebisch-kirchheimer Herkunft.
Weiterführende Literatur:
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